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Silber – ewiger Hoffnungswert?!

Von Höhenflügen, enttäuschten Hoffnungen und einer möglichen Bodenbildung

Janusköpfiges Metall

Mehr noch als an Gold scheiden sich die Geister an dessen „kleinem Bruder“, dem Silber. Die Gründe sind vielschichtig: Während Gold als klare Papiergeldalternative und Wertspeicher in unsicherer Zeit wahrgenommen wird, ist das Bild bei Silber differenzierter: Neben seiner Geldeigenschaft – zu verstehen als „natürliches Geld“, nicht als „gesetzliches Zahlungsmittel“ – hat sich das weiße Metall zahlreiche industrielle Anwendungsfelder erschlossen, aus denen es auf Sicht kaum wegzudenken ist. Paradoxerweise führt dies in Summe nicht zwangsläufig zu einer positiveren Preiserwartung als beim Gold, da die wahrgenommene Konjunkturabhängigkeit die Anleger verunsichert. Zudem ist der Silbermarkt ausgesprochen klein. Schon der Marktwert des vorhandenen Goldes dürfte um einen dreistelligen Faktor höher sein. Und selbst der Goldmarkt nimmt sich winzig im Vergleich zu den eigentlich problembehafteten Assetklassen Staatsanleihen, Bankguthaben und ungedecktes Papiergeld aus – von den im Umlauf befindlichen Derivaten maroder Banken gar nicht zu sprechen. Es bedarf also keiner großen Umschichtungen, um den Silbermarkt „ins Laufen“ zu bringen, was auch dessen heftige Ausschläge erklärt.


Silberpreis nicht manipuliert?!

Da dem Silberpreis aber – ähnlich dem Gold – eine Indikatorfunktion für den Zustand des Papiergeldsystems zugeschrieben wird, dürfte der Anreiz zu „kurspflegenden“ Maßnahmen für die Exponenten der Papiergeldwirtschaft entsprechend groß sein. Die rasche Abfolge von Margin-Erhöhungen im April/Mai 2011 hatte beispielsweise vermutlich die alleinige Aufgabe, die Long-Spekulation im Silber zu brechen. Eine solche Veränderung der Spielregeln ließ Anfang der 1980er Jahre auch schon die Silberspekulation der Gebrüder Hunt in sich zusammenbrechen. Ein vergleichsweise neueres Phänomen ist dagegen, dass einige Großbanken durch den Verkauf von Papiersilber gezielt Druck auf den Kurs ausüben, was im Effekt zu gewaltigen Short-Positionen in deren Büchern geführt hat. Das Perfide solcher manipulativen Future-Verkäufe ist, dass der Preis der physischen Ware mit einem rein virtuellen, beliebig vermehrbaren Angebot gedrückt wird. Die rund vier Jahre andauernden, „intensiven“ Untersuchungen dieses Themas durch die US-Aufsichtsbehörde CFTC werden Zeitungsberichten zufolge aber wohl in Kürze ergebnislos eingestellt werden. Mission erfüllt. Damit bleibt der sogenannte LIBOR-/EURIBOR-Skandal einer der wenigen, bei dem es nicht gelang, die kriminellen Praktiken der Preisbeeinflussung auf Dauer vor dem Publikum zu verbergen.


Abb. 1: Silber vs. S&P500
BU: Nur in US-Dollar wirkte der Preisanstieg des Silbers bis 2011 dramatisch. Im Vergleich zu Qualitätsaktien besteht noch erhebliches Potenzial.


Die „Hunt-Spitze“

Die vorerwähnte Silberspekulation der Gebrüder Hunt Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre erzeugte im Januar 1980 eine einsame Preisspitze bei knapp 50 USD/Feinunze. Während der Goldpreis in der Zwischenzeit seine damalige Rekordmarke von 850 USD mehr als verdoppeln konnte, scheiterte der Silberpreis im April 2011 erneut auf dem Niveau der „Hunt-Spitze“ bzw. wurde wiederum durch Regelveränderungen ausgebremst (s.o.). Vergleicht man Silber aber einmal nicht mit dem in der Zwischenzeit massiv entwerteten US-Dollar, sondern mit dem marktbreiten Blue-Chips-Index S&P500, dann zeigt sich, dass der Silberpreis sogar noch immer unter den relativen Tiefs der inflationären 1970er Jahre liegt (vgl. Abb. 1, rote Linie). Man kann darüber streiten, wie einsam, übertrieben und singulär die „Hunt-Spitze“ aus den 1980ern war, aber in inflationären Zeiten wie den 1970er Jahren – und darauf arbeitet die Politik mit aller Macht hin – war ein Silber/S&P500-Verhältnis zwischen 4 und 10 eher der Normalfall als der aktuelle Wert von knapp 2. Aus diesem Blickwinkel besteht also erhebliches Aufholpotenzial für das weiße Metall, und da ist von einem möglichen Überschießen des Preises noch gar keine Rede.


Abb. 2: Silber vor Ende der Konsolidierung?
BU: Möglicherweise beginnt der nächste Kursschub bei „Adam und Eva“.


Brisanter Chart

Langweilig, gar unattraktiv erscheint der Silbermarkt also lediglich im Lichte der Kursentwicklung der letzten anderthalb Jahre und ohne Berücksichtigung der Vorgeschichte. Tatsächlich dürfte hier aber nur ein rund zehnjähriger Anstieg von in der Spitze ca. +1.100% verdaut werden. Eine Dimension, die zeigt, wie absurd unterbewertet das Edelmetall in den Jahren zuvor war. Aktuell braut sich im Silber zudem erneut eine viel versprechende charttechnische Situation zusammen. Die Konsolidierung könnte in einem sogenannten „Adam & Eva-Boden“ ihr Ende finden (vgl. Abb. 2). Vor dem Hintergrund einer weiter inflationierenden Notenbankpolitik erscheint es jedenfalls nicht plausibel, dass das bunt bedruckte Papier von EZB, FED & Co. wieder in einen nachhaltigen Aufwärtstrend gegenüber realen Werten einmünden könnte.


Fazit

Silber ist attraktiv und wohl gerade deshalb auch weiter der Gegenstand von Preisdrückungen. Für potenzielle Käufer mit Geduld stellen derartige Short-Attacken ideale Einstiegsgelegenheiten dar. Aber: Silber sollte ausschließlich physisch und aufgrund seiner Volatilität ungehebelt erworben werden.