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pro aurum-Chef Robert Hartmann: „Wir haben aus den letzten Kaufwellen gelernt“

Ist der offizielle Goldpreis realistisch?
Wir haben in den vergangenen Monaten einen wahren Exodus aus Papiergoldanlagen gesehen. Seit Jahresbeginn summieren sich die Abflüsse aus den Gold-ETFs auf mehrere hundert Tonnen. Verstärkt hat sich diese Tendenz Mitte April, nachdem führende Investmentbanken ihre Kursziele für Gold und Silber deutlich nach unten revidiert hatten. Viele institutionelle Investoren zogen sich daraufhin aus den Edelmetallmärkten zurück und investierten vor allem in Aktientitel mit hoher Dividendenrendite. Obwohl jeder Marktteilnehmer weiß, dass vor allem fundamentale Nachrichten den langfristigen Trend bestimmen und sich emotionale Anlageentscheidungen nur selten auszahlen, suchten immer mehr Investoren den Notausgang und verkauften ihre Gold- und Silberpositionen. Die Kursrückgänge haben also spekulative Investoren verursacht, nicht die Anleger in physische Edelmetalle – diese haben nachgekauft. Grundsätzlich geschieht die Preisbildung beim Gold auch nach den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Es gibt Minen, die bauen die Unze für 700 Dollar ab, andere müssen für die gleiche Menge 1300 oder 1400 Dollar investieren. Würde der Goldpreis tatsächlich einmal zu stark fallen, kann es passieren, dass einige Minen die Produktion einstellen. Dann aber wird Gold knapper, der Preis zieht an und die Minen öffnen wieder.


Sehen Sie Entwicklungen weg von Gold hin zu anderen Edelmetallen?
Bisher hat der Goldhandel bei pro aurum knapp 75 Prozent des gesamten Edelmetallhandels ausgemacht, bei Silber kamen wir ungefähr auf einen Anteil von 20 Prozent und die restlichen 5 Prozent teilten sich die Schwestermetalle Platin und Palladium. Silber hat diesen Anteil am Gesamthandel in den vergangenen Wochen sukzessive auf 25 bis 30 Prozent ausgebaut. Gründe hierfür sind sicherlich die günstigeren Einstiegspreise und die zu erwartende Mehrwertsteuererhöhung zum Jahreswechsel von sieben auf 19 Prozent bei Silbermünzen.

 


Gibt es eine Knappheit an physischem Gold?
Wir konnten nach der letzten Korrektur Mitte April alle Kundenaufträge erfüllen, es kam zu keinerlei nennenswerten Staus bei der Orderabwicklung. Wir haben aus den letzten Kaufwellen gelernt. Engpässe gab es in der heißen Phase lediglich beim Krügerrand. Derzeit sind in Deutschland alle Barrengattungen prompt verfügbar. In der Schweiz kommt es dagegen bei einigen Produzenten zu Lieferzeiten von 2-3 Wochen für Kilobarren. Als Grund wird von den Verantwortlichen die große Nachfrage aus Asien genannt. 

Lesen Sie hier den Artikel mit Thorsten Schulte


Wurde in den vergangenen 12 Monaten mehr Gold verkauft oder gekauft?

Privatkunden haben nach den heftigen Kurskorrekturen in diesem Jahr stark nachgekauft. Die Umsätze lagen zeitweise 50 bis 70 Prozent über dem Niveau normaler Handelswochen. In der Woche unmittelbar nach dem Preisrutsch im April hat die Nachfrage sogar beim Fünf- bis Sechsfachen gelegen. Das Verhältnis von Käufern zu Verkäufern lag relativ konstant bei rund 9:1. Warum kaufen die Kunden nach? Weil sich das fundamentale Umfeld nicht verändert hat: Die Realzinsen sind negativ und die Notenbanken weiten die Geldmengen weiterhin stark aus.


Gibt es Veränderungen bei Ihrem Publikum (z.B. jüngere Käufer) oder kaufen nach wie vor die traditionellen Kunden Edelmetalle?
Vor einigen Jahren war der klassische Anleger in Gold männlich, zwischen 40 und 50 Jahre alt. Dies hat sich seit 2008 verändert. Heute verteilen sich die Käufer von Gold und Silber ungefähr gleich. Männer wie Frauen – jung wie älter. Häufig sehen wir derzeit auch informierte Kunden im Auszubildendenalter in den Verkaufsräumen. Die Ordergrößen reichen von einigen hundert Euro bis zu siebenstelligen Beträgen.
Zunehmend kooperieren auch Banken in Sachen Goldhandel und Lagerung mit pro aurum. Die Kreditinstitute haben ihre Schließfachanlagen und Tresore in den vergangenen Jahren abgebaut beziehungsweise verkleinert, weil die enorm gestiegenen Werte der Edelmetalle die Versicherungsgrenzen überstiegen haben. Die Banken müssten an dieser Stelle extrem nachrüsten, mit allen Kosten, die damit verbunden wären. Zahlreiche Banken und Sparkassen bieten ihren Kunden daher das Edelmetalldepot von pro aurum an. Die Lagerung wird künftig also nicht mehr zu den Kernaufgaben der Kreditinstitute gehören. Unserer Meinung nach ist es für Banken viel teurer, diese Dienstleistung selbst vorzuhalten, als mit einem in diesem Bereich hochspezialisierten Dienstleister wie pro aurum zusammenzuarbeiten.