Gold: Nur nicht kirre machen lassen
An den Goldmärkten hat 2013 die Unsicherheit – erkennbar an der gestiegenen Volatilität – aus mathematischer Sicht zweifellos zugenommen. In diesem Jahr haben zwei massive Verkaufswellen die historische 20-Tage-Volatilität des Goldpreises zeitweise über 30 bzw. 40 Prozent ansteigen lassen. Zur Erinnerung: Im Jahr zuvor rutschte diese Risikokennzahl mehrfach in den einstelligen Bereich ab. Privatanleger mit langfristigem Anlagehorizont sollten sich vom Auf und Ab bei Gold aber nicht verunsichern lassen. Argumente für das gelbe Edelmetall gibt es allen Unkenrufen zum Trotz weiterhin.
In vielen Aspekten überlegen
Für den physischen Besitz von Goldmünzen oder -barren sprechen unter anderem auch deren physikalische Eigenschaften. So liegt der Siedepunkt von Gold bei 2.970 Grad Celsius, während sich Banknoten oder Wertpapiere bereits deutlich früher in Luft auflösen. Doch Naturgewalten wie Feuer stellen derzeit zweifellos die geringere Gefahr für die internationalen Papiergeldsysteme dar. Nach diversen Finanzkrisen hat die von Notenbanken ausgelöste Liquiditätsflut die Geldmenge, inklusive Staatsschulden, exorbitant in die Höhe getrieben, während die Menge an Gütern – auch bedingt durch die weniger dynamische Weltkonjunktur – hiermit in keiner Weise Schritt halten konnte. Solch enorme Steigerungen der Angebotsmenge sind bei Gold schlicht unmöglich, zumal viele Minen auf Basis des aktuellen Goldpreises nicht mehr rentabel arbeiten können.
Steigende Kosten für Energie und Personal sowie der abnehmende Goldgehalt des geförderten Gesteins dürften auf lange Sicht das Erreichen der Gewinnzone für viele Minengesellschaften immer schwieriger werden lassen. Sollte der Goldpreis weiter fallen, ist mit einem regelrechten Minensterben zu rechnen. Dies könnte dann ein sinkendes Goldangebot nach sich ziehen, was nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage zumindest unterstützend wirken müsste. Da sich die hohe Verschuldung westlicher Staaten – wenn überhaupt – allenfalls in Trippelschritten abbauen lässt, werden deren Bürger auch künftig einen Teil ihres Vermögens in Gold investieren. Dirk Müller alias „Mr. Dax“ rät derzeit, „zehn bis 20 Prozent in physisch anfassbare Edelmetalle zu investieren“. Zudem meint er: „Die meisten Anleger haben die Geldwerte in ihren Portfolios noch gefährlich überbewertet.“
Die Musik spielt in Asien
So richtig „in Gold verliebt“ ist man hingegen in Asien und im arabischen Raum. Inder und Chinesen liefern sich in diesem Jahr ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel des weltweit größten Goldnachfragers. Der Bericht des World Gold Council für das zweite Quartal 2013 belegt diesen Nachfrageboom „made in asia“ besonders eindrucksvoll. So stieg in der Schmuckbranche die Goldnachfrage aus China und Indien gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 54 bzw. 51 Prozent. Noch ausgeprägter war der Appetit der Chinesen und Inder auf Goldbarren und -münzen, bei welchen Wachstumsraten von 157 bzw. 116 Prozent erzielt wurden. Auf Gesamtjahressicht dürften die Chinesen aber einen Tick hungriger sein, schließlich wird die indische Regierung nicht müde, ihrem Volk die Lust auf Gold zu verderben, um das hohe Handelsbilanzdefizit des Schwellenlands in den Griff zu bekommen. Im September erhöhte das Land zum Beispiel seine Importzölle auf Goldschmuck von zehn auf nunmehr 15 Prozent – offiziell, um die heimische Schmuckindustrie zu schützen. Diverse zuvor beschlossene regulatorische Maßnahmen zum Thema Gold legen hingegen den Schluss nahe, dass es in erster Linie darum geht, das durch den „Goldrausch“ mitverursachte Handelsbilanzdefizit einzudämmen.
Die Rolle der Notenbanken
Maßgeblich verantwortlich für die seit dem Jahreswechsel zu beobachtende Abwärtstendenz war vor allem die Ankündigung der Fed, das monatliche Volumen für US-Staatsanleihekäufe von 85 Milliarden Dollar noch in diesem Jahr zurückzufahren. Allein diese Verbalintervention reichte aus, um den Goldpreis innerhalb von weniger als neun Monaten um über 30 Prozent abstürzen und die Renditen von Staatsanleihen bester Bonität deutlich ansteigen zu lassen. Steigende Zinsen werden allgemein als Belastungsfaktor für Gold betrachtet. Weil Gold weder Zinsen noch Dividenden bietet, muss sein Besitzer in Zeiten steigender Zinsen stärker auf Einnahmen verzichten als in extremen Niedrigzinsphasen. Doch eines sollte man – ungeachtet gestiegener Opportunitätskosten – dabei stets im Hinterkopf behalten. Hohe Zinsen sollten immer auch unter Berücksichtigung des Ausfallrisikos und der Bonität des Schuldners analysiert werden. Fazit: Die erzielbare Renditen bei Gold sind berechtigter Weise gleich null, weil Gold nie Pleite machen kann. Zum Vergleich: Zehnjährige Bundesanleihen rentierten im September im Bereich von zwei Prozent. Ob damit das Ausfallrisiko adäquat angezeigt wird, darf bezweifelt werden, schließlich sehen nicht wenige Finanzexperten bei Staatsanleihen eine gigantische Blasenbildung. Nach der zweitägigen Fed-Sitzung am 17. und 18. September trauten sich die Notenbanker nicht, den Geldhahn zumindest ein bisschen schwächer zu drehen – obwohl an den Finanzmärkten eine Reduktion der Geldflut bereits erwartet wurde. Viele Finanzexperten attestieren der Notenbank-Liquidität den Charakter einer Droge. Ihr abzuschwören, fällt offensichtlich auch der Fed nicht leicht.
Doch die Notenbanken spielen mit Blick auf Gold in zwei weiteren Bereichen eine wichtige Rolle. Erstens: Laut Angaben des World Gold Council kaufen Notenbanken, vorwiegend aus aufstrebenden Schwellenländern, netto Gold. Im zweiten Quartal 2013 waren dies immerhin 71 Tonnen. Seit zehn Quartalen werden die „Währungshüter“ summa summarum als Nettokäufer ausgewiesen. Zweitens: Westliche Industrienationen wie die USA, Deutschland, Italien und Frankreich besitzen insgesamt über 16.000 Tonnen Gold. Besonders interessant: Der Goldanteil an den Währungsreserven beläuft sich in allen vier Ländern auf über 70 Prozent. Privatanleger sollten daher das gelbe Edelmetall wie die Notenbanken – Volatilität hin, Volatilität her – als Must-have betrachten.
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