Japans Griff nach dem Strohhalm
Dr. Michael Grandt
Seit Jahren wird der Inselstaat von einer gigantischen Schuldenlawine bedroht. Nun will das Land mit ungewöhnlichen Mitteln gegen die Verschuldung ankämpfen. Und zwar mit noch mehr Schulden.
Schon seit längerer Zeit verliert der Yen massiv an Wert. Dabei handelt es sich um eine künstlich herbeigeführte Maßnahme der japanischen Regierung, um wieder wettbewerbsfähiger zu werden. Zeitgleich mit dem Wertverfall Yen hat der japanische Börsenindex „Nikkei“ massiv zugelegt.
Fachleute sehen bereits einen Anschluss an die wirtschaftlichen Erfolge, die das Land in den 1990er- Jahren hatte. Damals waren Produkte aus Nippon sehr begehrt. Unter anderem elektronische Geräte von Sharp und Autos von Toyota. Doch der steigende Yen-Kurs trug dazu bei, dass die Erzeugnisse für den Export und damit für die Endkunden zu teuer wurden.
Der ehemalige Elektronikriese Sharp steht sogar vor der Insolvenz. Er wurde vom koreanischen Samsung-Konzern überholt, dessen Computer, Monitore und Fernseher heutzutage in fast jedem Haushalt zu finden sind.
Opfer der Deflation
Seit dem Platzen der japanischen Immobilienblase ging es mit dem Land rapide bergab. Die Nation wurde ein Opfer der Deflation. Das Geld, das die Haushalte zum Leben zur Verfügung haben, wird ständig knapper. Die Wirtschaftsleistung - in Marktpreisen gerechnet - ist auf den niedrigsten Stand seit 1994 gesunken. Japan steckt in der Liquiditätsfalle und hat keinen fiskalischen Spielraum mehr.
Neben dem Nikkei-Index schrumpften auch die Grundstücks- und Häuserpreise um 80 Prozent ihres ursprünglichen Wertes. Unternehmen und Privathaushalte wurden zum Sparen gezwungen. Löhne und Preise sind permanent gefallen.
Der Staat reagierte auf die Defizite, indem er die auftretenden Löcher mit immer neuen Schulden stopfte. Nun will das Land aus diesem Teufelskreis ausbrechen, indem es noch einmal im großen Stil Schulden macht. So soll die Deflation beendet werden.
Mit der Rückkehr in die Inflation will die Regierung auf die Ersparnisse der Bürger zurückgreifen. Das Privatvermögen des Landes wird auf dreizehn Billionen Euro geschätzt. Durch die Inflation vom Wertverfall bedroht, soll es jetzt in die Wirtschaft fließen.
Eine Situation, wie sie auch in Deutschland eintreffen kann: Der Sparer ist gezwungen, seine Geldreserven zu reduzieren, um dem Wertverfall zu entgehen.
Die Menschen werden also quasi dazu gezwungen mehr zu konsumieren und Unternehmen mehr zu investieren. So würden mehr Steuern eingenommen und eine Neuverschuldung verringert. Doch dieser Weg ist in jedem Fall sehr lang und riskant.
Wegen der steigenden Veralterung der Bevölkerung und der schwachen Exporte in der Vergangenheit hätte Japan ohnehin bald einen Punkt erreicht, an dem der Staat auf mehr ausländisches Kapital angewiesen wäre. Nur so hätte der immense Kreditbedarf gedeckt werden können.
Durch die Beendigung der Deflation und die Schwächung des Yen soll das Land aber nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch gestärkt werden. Tokio will sich gegen den Konkurrenten China rüsten. Denn seit dem vergangenen Herbst dringen chinesische Kriegsschiffe beinahe ungehindert in japanisches Hoheitsgebiet ein.
Extremes Risiko
Das neue Rezept der japanischen Regierung zur Konsolidierung der Schulden kann aber auch das genaue Gegenteil bewirken. Das würde bei einer Schuldenquote von 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) den sicheren Staatsbankrott bedeuten.
Die Regierung will jetzt die Bank von Japan dazu verpflichten, ihr Inflationsziel auf zwei Prozent zu verdoppeln, mehr Staatsanleihen zu verkaufen, sowie ausländische Bonds zu erwerben. Außerdem soll die Zentralbank – ganz nach europäischem Vorbild - ihre Geldpolitik massiv lockern.
Mit riesigen Bauprogrammen soll die Infrastruktur gestärkt und gegen künftige Erdbeben geschützt werden. Fast 1.900 Milliarden Euro, das entspricht einem Fünftel der Wirtschaftsleistung des Landes, soll in den nächsten zehn Jahren in Beton fließen - auf Pump. Mit diesen Geld- und Fiskalmaßnahmen soll die Seuche der Deflation gebannt und die Wirtschaft wieder zum Laufen gebracht werden.
Ökonomen sind sehr skeptisch, was diese Art der Schuldenbewältigung angeht. Sie halten die Lücke von knapp drei Prozent zwischen Angebot und Nachfrage im BIP für eine Folge der alternden und rückläufigen Bevölkerung.
Zwischen 2000 und 2011 ist die Anzahl der erwerbstätigen Bevölkerung nämlich um sieben Prozent zurückgegangen. Das sind fünf Millionen Menschen. Wenn die Zahl der Arbeitnehmer sinkt, muss sich ihre Produktivität überproportional erhöhen, damit ein Wachstum zustande kommt. Das kann nicht gut gehen.
Was Sie daraus lernen können:
• Vertrauen Sie keiner Regierung.
• Inflation oder Deflation kann „künstlich“ erzeugt werden.
• Geldwerte sind nur bedrucktes Papier ohne Gegenwert.
• Ihr ganzes Vermögen kann auf Kosten der Schuldenkonsolidierung einer Regierung „vernichtet“ werden.
• Trauen Sie Sachwerten wie Aktien krisenresistenter Unternehmen und Immobilieninvestments.
• Gold und Silber gehören als Vermögenssicherungsinstrumente und Krisenwährungen in jedes Portfolio.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 1.000 Contents verfasst und bisher 24 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Vorsicht Lebensversicherung!“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
Im GeVestor-Verlag gibt er seit kurzem seinen eigenen Börsenbrief „Unter vier Augen – Wissen, was andere nicht wissen“ heraus https://www.gevestor.de/shop/details/unter4augen.html , der die Vermögenssicherung fokussiert.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.