Edelmetalle: Den Blick fürs Ganze nicht verlieren
Gastkolumne von James Turk
Vor einem Jahr hatte Gold sein Rekordhoch von 1.920 USD pro Unze. Ein langes Jahr, wenn man auf neue Rekordhochs wartet. Im Maßstab der Märkte ist ein Jahr jedoch keine wirklich lange Zeit. Märkte verlangen den Teilnehmern immer Geduld ab. Ob man nun einen Bullenmarkt wie den Gold-Bullenmarkt oder den aktuellen Bärenmarkt beim Euro betrachtet: Man sollte den Blick fürs Ganze nicht verlieren. Wer das „Big Picture“ nicht erkennt, könnte eventuell zu früh aus seinen Positionen aussteigen – die Kardinalssünde im Investmentbereich. Die Grundlagen soliden Portfoliomanagements verlangen, dass man „wertvolle“ Vermögensanlagen behält und Vermögensanlagen, die nicht mehr gut und preiswert sind, systematisch aus seinem Portfolio entfernen. Und dies auch dann, wenn diese gerade erst ins Portfolio aufgenommen wurden.
Manchmal ändern sich die Umstände buchstäblich über Nacht, oder sie ändern sich jahrzehntelang nicht. Der Euro-Bärenmarkt ist nun schon über vier Jahre alt. Im April 2008 erreichte der EUR-USD-Wechselkurs seinen Höchststand, ein Euro kostete 1,60 USD. Sollte die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin Euros „drucken“, indem sie die Staatsanleihen überschuldeter Mitgliedstaaten aufkauft, wird die europäische Einheitswährung noch viel stärker sinken und der Euro-Bärenmarkt noch mehrere Jahre andauern. Man sollte nicht vergessen, dass der Euro kurz nach seiner Einführung auf ein Rekordtief von 0,83 USD sank.
Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie problematisch wiederum die Dollar-Rallye ist, braucht man bloß einen Blick auf die trostlose Entwicklung des Dollars gegenüber Gold zu werfen. Obwohl Gold immer noch 300 USD unterhalb seines Rekordhochs vom letzten Jahr liegt, hat sich der Dollarpreis einer Unze innerhalb der letzten zwölf Jahre versechsfacht. Wenn ich meinen eigenen Ratschlag befolge, d.h. den Blick fürs Ganze zu behalten, so zeigt sich ein sogar noch wichtigerer Punkt: Der Goldpreis stieg um das 45-Fache, legt man den in den 1960ern herrschenden Preis von 35 USD zugrunde. Das war der wirkliche Startpunkt der Gold-Rallye, die damals durch das Missmanagement des Dollar ausgelöst wurde – Missmanagement wie es auch heute, fünf Jahrzehnte später, immer noch herrscht. Und aus dieser Perspektive betrachtet, ist ein Jahr keine lange Wartezeit auf ein neues Gold-Rekordhoch.