Immobilien: Für und Wider von Betongold
Sachwerte gibt es wie Sand am Meer. Anleger, die sich um die Zukunft des Papiergelds sorgen, denken bei Investments in Sachwerte meist an Edelmetalle oder Immobilien. Beide Anlageklassen verfügen allerdings über substanzielle Unterschiede.
Bei den häufig auch als „Betongold“ bezeichneten Immobilien ist eine differenzierte Betrachtung zwingend erforderlich. Die erste ergibt sich schon aus dem Namen. Ein Grundstück oder ein Eigenheim ist nicht mobil, sondern immobil. Sollte ein Selbstnutzer zum Beispiel aus beruflichen oder privaten Gründen den Wohnort wechseln, hat er in der Regel zwei Optionen: verkaufen oder vermieten. Beides ist nicht frei von Vermögensrisiken, schließlich tauscht man im ersten Fall einen Sachwert in Papiergeld, erleidet dadurch unter Umständen einen Verlust und gibt den Verkaufserlös zudem einem potenziellen Kaufkraftverlust preis. Im zweiten Fall verknüpft man das eigene finanzielle Wohl und Wehe an die finanzielle Zukunft eines möglicherweise Fremden, der sich schlimmstenfalls als Mietnomade entpuppen könnte. Sollte sich die Staatsschuldenkrise verschärfen und Deutschland – aus welchen Gründen auch immer –in finanzielle Schwierigkeiten geraten, wird der Staat Immobilienbesitzer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ungeschoren davonkommen lassen. Immobilienwerte können im Gegensatz zu Geld und Gold nicht fliehen. Ihre Besitzer sind dem Staat somit auf Gedeih und Verderb ausgesetzt. Zur Repression von Immobilieneigentümern bieten sich diverse Steuerarten wie zum Beispiel die jährlich zu zahlende Grundsteuer, einmalig anfallende Grunderwerbsteuern oder Zweitwohnungssteuern an, die bereits heute erhoben werden und somit relativ leicht zu erhöhen wären. Warnendes Beispiel aus der Vergangenheit: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Immobilienbesitzer über Vermögensabgaben, Hypothekengewinnabgaben und Kreditgewinnabgaben zur Kasse „gebeten“.
Wenig transparente und wenig fungible Preise
"Höhere Zinsen können wir abhaken!"
Zu beachten ist zudem die Tatsache, dass der Markt für Immobilien extrem inhomogen ist. Dass in jedem Land der Immobilienmarkt über ein Eigenleben inklusive individuellem Preisniveau verfügt, versteht sich von selbst. Und selbst in Deutschland bewegen sich Immobilien in einer extrem breiten Preisspanne. Während in so mancher Großstadt pro Quadratmeter mehr als 10.000 Euro bezahlt werden, klagen viele Gemeinden in Gebieten mit schlechter Infrastruktur über ein Überangebot an Häusern und Wohnungen, die selbst bei niedrigsten Preisen kaum noch Abnehmer finden. Die Lebensqualität, der Arbeitsmarkt sowie öffentliche Dienstleistungen und Verkehrsmittel gelten als besonders starke Einflussfaktoren auf den Preis. Innerhalb einer Stadt und selbst innerhalb eines Stadtviertels gibt es aber keine einheitliche Lage, die einen konkreten Rückschluss auf den Preis erlauben würde. Alter, Bausubstanz, Ausstattung und Energiebilanz eines Hauses sorgen für zusätzliche Preisverzerrungen. Hierzulande herrscht im Immobiliensektor zwar überwiegend „Goldgräberstimmung“, doch nach der Wiedervereinigung machten die Besitzer ostdeutscher Immobilien nach einem markanten Einbruch der Immobilienpreise auch negative Erfahrungen mit dieser Anlageklasse. Japaner, Amerikaner und Spanier können davon ebenfalls ein Lied singen. Dort waren geplatzte Immobilienblasen sogar der Auslöser für heftige Konjunktureinbrüche, und in wirtschaftsschwachen Zeiten dürfte die Bereitschaft, hohe Immobilienpreise zu bezahlen oder teuren Wohnraum zu mieten, deutlich sinken. Außerdem zeichnen sich Immobilien – verglichen mit börsennotierten Wertpapieren oder Edelmetallen – durch ein relativ geringes Maß an Fungibilität aus. Das heißt: Um eine erworbene Immobilie wieder zu Geld zu machen, ist ein relativ hoher organisatorischer Aufwand notwendig. Bevor es zu einem erfolgreichen Verkauf kommt, fallen in der Regel Expertisen, Anzeigen sowie Besichtigungs- und Notartermine an. Auf der einen Seite dürfte die Chance auf einen attraktiven Verkaufserlös bei einem unter Zeitdruck (Notverkauf) vorangetriebenen Immobilienverkauf schwinden. Dies trifft insbesondere bei einem Käufermarkt zu, wenn ein Angebotsüberschuss auf die Preise drückt. Auf der anderen Seite sollte die Verkaufsphase aber auch nicht zu lange andauern, schließlich fördert dies häufig die Skepsis unter den Kaufinteressenten. Das Motto lautet: „Es wird schon seinen Grund haben, warum keiner bei der Immobilie zugreift“. Und schöner wird ein seit Jahren leer stehendes Eigenheim in der Regel auch nicht.
Nebenkosten sind mitunter beträchtlich
Eigentum verpflichtet – dies trifft auf Immobilienbesitzer in besonders hohem Maße zu. Unabhängig davon, ob man sein eigenes Haus bewohnt oder die Immobilie vermietet, beides ist mit einem gewissen Arbeitsaufwand und regelmäßig anfallenden Nebenkosten und Betriebskosten verbunden. Besonders unangenehm dürfte für gestresste Mitbürger die Pflicht zur Kehrwoche oder zum Schneeräumen sein. Letztere kann bei Pflichtverletzung im Falle eines Unfalls sogar richtig teuer werden. Das Pflichtenheft ist aber um einiges umfangreicher, schließlich muss die Versorgung mit Wärme, Gas, Strom und Wasser sowie die Entsorgung von Müll und Abwasser gewährleistet sein. In größeren Wohnanlagen sind diese Tätigkeiten in der Regel outgesourct und müssen im Gegenzug natürlich bezahlt werden. In vielen Regionen hat sich dieses sogenannte Wohngeld mittlerweile aber fast schon zu einer zweiten Miete entwickelt.
Als interessanter Baustein in der Altersvorsorge kann man ein selbst genutztes Eigenheim sicherlich einstufen, sofern ein hierfür notwendiger Kredit bei Renteneintritt größtenteils abbezahlt ist. Die eingesparte Miete, deren Tendenz vor allem in größeren Städten derzeit klar nach oben zeigt, lässt sich dann anderweitig verplanen. Besonders interessant: Wer eine Immobilie besitzt, kann diese über eine sogenannte Immobilienrente bei Bedarf entsparen, indem er sein Besitzrecht abgibt und in ein Wohnrecht tauscht. Drohende Rentenlücken lassen sich auf dieses Weise unter Umständen erheblich kompensieren. Alles auf die Karte „Immobilien“ zu setzen, birgt aber durchaus Risiken. Eine Diversifikation des Vermögens auf mehrere Anlageklassen sollte daher höchste Priorität haben.
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