Hauptsache Schönreden
Dr. Michael Grandt
Aussagen über die positiven Auswirkungen der Sparprogramme der Euro-Schuldenländer sind nur Schönfärberei.
Haben Sie es schon bemerkt? Eine „gute“ Nachricht aus den Schuldnerländern der Eurozone löst die andere ab: Die Rettungspakete zeigen Wirkung, die Regierungen der betroffenen Länder setzten ihre Reformen um, und die Staatsdefizite sinken. So zumindest die blumigen Aussagen in den Mainstreammedien.
Doch die Realität sieht anders aus. Die EU-Kommission unterschätzt offensichtlich die konjunkturellen Auswirkungen, die die enormen Sparprogramme mit sich bringen. Die tatsächlichen Zustände, die in den Krisenländern von Spanien bis Griechenland herrschen, werden viel zu euphorisch dargestellt.
Beispiel Griechenland: Hier hatte die EU-Kommision für das Jahr 2012 bereits ein Wachstum vorausgesagt. Aber es kam ganz anders. Laut den Zahlen von Eurostat brach letztes Jahr das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mehr als sechs Prozent ein. Von einer Erholung also keine Spur. Immer mehr Griechen leben am Existenzminimum und ein drittes Hilfspaket oder ein zweiter Schuldenschnitt sind wahrscheinlich.
Fehleinschätzungen mit System?
Die EU-Kommission hat sich auch in Italien und Spanien verschätzt. Die Prognosen sind an den Haaren herbeigezogen. Dennoch bestimmen sie maßgeblich die Strategien im Kampf gegen die Schuldenkrise.
Die Staatschefs, Minister und Experten von der Europäischen Zentralbank (EZB), der Europäischen Union (EU) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) greifen auf sie zurück, wenn sie neue Maßnahmen entwickeln, um Staatshaushalte wieder „flüssig“ zu machen.
Stimmen die Informationen aber nicht, ist auch eine adäquate Lösung für die betroffenen Staatshaushalte nicht umzusetzen. Die Krisenbekämpfer werden nämlich dazu verleitet, den Problemstaaten immer noch härtere Sparprogramme aufzubürden. Und das kann auf Dauer nicht gut gehen. Denn die Volkswirtschaften der betroffenen Länder sind oft nicht stabil genug, um diese Belastungen abzufedern.
Ein zu schneller Abbau der Defizite zieht zwangsläufig einen Einbruch der Produktion nach sich, was wiederum einen Absturz der Konjunktur zur Folge hat. Genau das sehen wir jetzt in den betroffenen Ländern.
Prognose und Realität liegen weit auseinander
Natürlich stellt sich die Frage, warum die Ökonomen der Europäischen Kommission mit ihren Prognosen seit Jahren so extrem daneben liegen. Ist es politisches Kalkül? Will man die Öffentlichkeit bewusst täuschen, um eine „schöne neue Welt“ zu propagieren? Oder will man die Menschen nur beruhigen?
Man weiß es nicht. Fakt ist allerdings, dass zur Berechnung der Prognosen ein Modell verwendet wird, das die Wirkungszusammenhänge der Volkswirtschaften veranschaulichen soll.
Ein wichtiger Bestandteil ist dabei der so genannte „fiskalische Multiplikator“. Er gibt an, wie stark sich die Änderungen bei den Staatsausgaben auf die jeweilige Wirtschaft auswirken. Die EU-Kommission schätzte den fiskalischen Multiplikator im Frühjahr des vergangenen Jahres auf 0,5. Das sollte bedeuten, dass die gesamte Wirtschaftsleistung um 50 Cent sinkt, wenn der Staat seine Ausgaben um 1 Euro kürzt.
Der IWF analysierte die Daten der 28 Industrieländer seit 2010. Seinen Berechnungen zufolge liegt der fiskalische Multiplikator aber zwischen 0,9 und 1,7, also weit höher, als die Zahl von der die EU-Kommission ausgeht.
Dennoch hält die EU-Kommission weiterhin an dem zu niedrigeren Wert fest. Doch nach den Berechnungen des IWF sinkt die Wirtschaftsleistung mehr um das doppelte bis dreifache als die offiziellen Prognosen der EU es beschreiben.
Das bedeutet: Ein „Gesundsparen“ der Krisenstaaten ist dann schlicht unmöglich. Ein Multiplikator, der größer ist als 1, ist beispielweise der sichere Untergang Spaniens. Die Ausgabenkürzungen würden die Wirtschaft derart abstürzen lassen, dass sich die Schuldenquote sogar noch erhöht.
In Griechenland scheint es schon so weit. Das letzte milliardenschwere Sparprogramm droht dem Land den Rest zu geben. Die Folge wären wohl wieder neue Milliardenhilfen und neue Sparprogramme. Ein Teufelskreis, der erst durchbrochen werden kann, wenn die deutsche Melkkuh keine Milch mehr gibt.
Sie sehen also, das Euro-Währungssystem steht auf äußerst wackeligen Beinen. Bereiten Sie sich also rechtzeitig auf das Schlimmste vor. Schichten Sie in Sachwerte um. Edelmetalle wie Gold und Silber sind dabei ein wichtiges Standbein.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 1.200 Contents verfasst und bisher 24 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Die ökologische Lösung der Schuldenkrise“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.
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