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Wochenkolumne von Dr. Grandt: "Mir wird schlecht"

Dr. Michael Grandt

Heuchelei: Wasser predigen und selbst Wein trinken

Heute Morgen ist mir beim Frühstück schlecht geworden – wirklich. Das passiert mir nicht oft. Aber als ich in die Zeitung gesehen habe, kam es mir fast hoch.

Ich las über die Kundgebung der Gewerkschaften am 1. Mai und über deren „neues Selbstbewusstsein“. Die bundesweiten DGB-Kundgebungen standen unter dem Motto „Gute Arbeit. Sichere Rente. Soziales Europa“.

Wie bitte? „Gute Arbeit?“ – Wer definiert das und wie wird das beurteilt?

„Sichere Rente“? – Das können Sie sich abschminken, wer diesen Stuss noch glaubt, der sollte zum Psychiater und sich wegen Wahrnehmungsstörungen behandeln lassen. Die einzige Altersvorsorge sind nämlich Sachwerte wie Edelmetalle, Aktien und Immobilien.

„Soziales Europa?“ – Europa bricht gerade auseinander. Der Euro trennt mehr, als dass er zusammenhält. Der Euro ist für mich schon Geschichte!

Mir wurde aber noch mehr übel, als ich las, dass der DGB-Vorsitzende Michael Sommer wieder einmal höhere Steuern für Wohlhabende fordert. Ja super, das tut mein Namensvetter regelmäßig, sonst hätte er ja keine Daseinsberechtigung mehr.

Aber noch mehr verwundert haben mich die vielen Demonstranten, die ich dann in den Nachrichten sah. Brav wie Lämmer klebten sie „ihrem“ DGB-Vorsitzenden an den Lippen. Und der schoss weiter: Das Grundgesetz sage deutlich, dass Eigentum verpflichte. „Das wird nicht mehr ernst genommen von den Reichen und Mächtigen“ schrie er in das Mikrofon auf der zentralen Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz. Es könne nicht sein, dass das Gemeinwesen „fast ausschließlich von den Lohnsteuerzahlern und Konsumenten finanziert wird, während sich die Reichen und Schönen einen schlanken Fuß machen“.

Hört sich doch klasse an, oder? Für jeden, der für 8 Euro die Stunde oder sogar noch weniger malocht klingen diese Worte doch wie die Offenbarung von Johannes.

Deshalb habe ich gleich mal recherchiert, was der liebe Michael Sommer denn so verdient. Neuere Zahlen gibt es nicht. Doch bei gehaltsreport.de wurde ich fündig. Und als ich den Verdienst des DGB-Vorsitzenden bereits für 2010 gesehen habe, da wurde es mir erst so richtig schlecht. Denn sein jährliches Einkommen liegt so zwischen den Einkünften eines Staatssekretärs und eines Ministers. Äh, ja, gleichzeitig ist er aber auch noch im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom und kassiert dort auch noch fleißig ab.

Angesichts seiner vollmundigen Worte sollte Michael Sommer auch noch in das Mikrofon schreien: „Ich verdiene selbst 177.000 Euro jährlich. Ja, liebe Genossen und Genossinnen, das sind auf den Monat umgerechnet 14.750 Euro! Natürlich gehöre ich damit nicht zu den Reichen – und zu den Schönen schon gar nicht. Aber mein persönlicher Mindeststundenlohn beträgt 105 Euro bei einer 35-Stunden-Woche. Deshalb sage ich euch: 8,50 Euro sind gerecht!“

Ja, das sollte er „seinen“ Gewerkschaftsgenossen auch so sagen. Ich wette, manche Nullchecker würden sogar noch applaudieren.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber von dieser Heuchelei, Wasser zu predigen und selbst Wein zu trinken, da wird mir schlecht, ganz ehrlich.
 


Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.

Michael Grandt hat über 1.000 Contents verfasst und bisher 24 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Vorsicht Lebensversicherung!“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
Im GeVestor-Verlag gibt er seit kurzem seinen eigenen Börsenbrief „Unter vier Augen – Wissen, was andere nicht wissen“ heraus https://www.gevestor.de/shop/details/unter4augen.html , der die Vermögenssicherung fokussiert.

2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.