Vorsicht Direktversicherung! - Teil II
Dr. Michael Grandt
Unser Gesundheitssystem hat seine besten Tage gesehen. Auch bei Ihnen, die Sie eigentlich für Ihr Alter vorsorgen sollten, greift der Staat zu – und zwar von hinten durch die Brust ins Auge. Wie subtil, erfahren Sie jetzt.
Der Staat braucht immer mehr Geld. Obwohl die Steuereinnahmen sprudeln, sind die Kassen chronisch leer. Auch unser Gesundheitssystem steht nicht so gut da, wie in der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Der Staat streckt auch hier seine gierigen Finger aus und vergreift sich an der Altersvorsorge, die er eigentlich durch Steuerfreiheit subventioniert. Wie das geht, erkläre ich Ihnen anhand der betrieblichen Direktversicherung.
Im 1. Teil habe ich Ihnen erläutert, dass Kapitalauszahlungen aus einer betrieblichen Direktversicherung als Versorgungsbezug in der Kranken- und Pflegeversicherung voll beitragspflichtig sind.
Die doppelte Krankenkassenpflicht ist völlig legal!
Natürlich haben viele aufgebrachte Versicherungsnehmer gegen diese dreiste Abzocke der Krankenkassen geklagt. Aber das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Punkt gekniffen und eine Verfassungsbeschwerde gleich gar nicht zur Entscheidung angenommen (Az: 1 BvR 1924/07, Beschluss vom 7. April 2008).
Dort hieß es, die Beitragspflicht ist verhältnismäßig und hat keine grundlegende Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse im Sinne einer »erdrosselnden Wirkung« zur Folge. Schließlich verstoße die Beitragspflicht nicht gegen den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz. Sie gestalte ein öffentlich rechtliches Versicherungsverhältnis erst mit Wirkung für die Zukunft. Im Übrigen konnten die Betroffenen nicht in den Fortbestand der die einmaligen Kapitalleistungen gegenüber einem fortwährenden Versorgungsbezug privilegierenden Rechtslage vertrauen. Im Klartext heißt das:
• Die doppelte Beitragspflicht ist »verhältnismäßig«.
• Die doppelte Beitragspflicht hat keine »grundlegende« Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse zur Folge.
• Die rückwirkende Änderung (ohne dass man sich dagegen wehren konnte!) verstößt »nicht« gegen den
staatlichen Vertrauensschutz.
• Niemand darf darauf vertrauen, dass die Rechtslage, die bei Vertragsabschluss galt auch für die Zukunft Bestand haben wird.
Vier Ohrfeigen also für alle, die auf den Staat vertrauen und eine zusätzliche Altersvorsorge aufbauen!
Inzwischen ist einige Zeit ins Land gegangen und in einer der letzten bekannten Entscheidungen eines Gerichts wurde beschlossen, dass eine doppelte Krankenkassenpflicht, bei der Beitragszahlung als auch bei der Kapitalauszahlung, gesetzlich nicht verboten ist. Weitere Prozesse sind anhängig.
Ich würde mir wünschen, dass Versicherungsvertreter und Finanzberater Sie bereits vor dem Abschluss auf diesen riesigen Nachteil aufmerksam machen würden. Ich habe zu diesem Thema wirklich viele Gespräche geführt, aber keiner der Betroffenen, kein Einziger wurde schon bei Abschluss des Vertrages darüber informiert!
Es gibt auch gute Nachrichten
Das Bundesverfassungsgericht entschied aber auch, dass auf Direktversicherungen, die bei einem Arbeitsplatzwechsel oder aus anderen Gründen vom Arbeitnehmer übernommen und allein fortgeführt werden, die Krankenkasse nur eine anteilige Beitragspflicht beanspruchen kann (Az. 1 BvR 1660/08, Urteil vom 28. September 2010). Beitragsfrei bleibt der Teil der Auszahlung, der anteilig auf der privaten Fortführung des Arbeitnehmers beruht.
Für diese »private« Fortführung muss die Police aber umgeschrieben werden. Versicherungsnehmer muss dann der Arbeitnehmer sein. Wenn Sie dies versäumen, bleibt es bei der Beitragspflicht, auch wenn Sie die Beiträge privat weiterzahlen!
Des Weiteren sind Arbeitnehmerbeiträge als Eigenleistungen, die der Arbeitgeber durch eine Entgeltumwandlung an die Versorgungseinrichtung abführt, steuer- und sozialabgabenfrei, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. Dezember 2010 (Az.: VI R 57/08) entschieden hat. Voraussetzung: Der Arbeitgeber erfüllt ausschließlich alle Pflichten aus dem Versicherungsvertrag.
Die Zahlungen an den Versicherer müssen vom Arbeitgeber erfolgen und als Versicherungsbeiträge des Arbeitgebers ausgewiesen sein. Somit dürfen die Anteile nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zugerechnet werden und bleiben beitragsfrei. Dies gilt seit dem 1. Januar 2011.
Achtung Beitragsbemessungsgrenze
Für Alle gilt aber die Beitragspflicht nur bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze. Diese beträgt in der Krankenversicherung 2013 monatlich 3.937,50 Euro, 47.250 Euro im Jahr. Bis zu diesem Bruttoeinkommen werden maximal Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung berechnet.
Also: Soweit die monatliche Beitragsbemessungsgrenze von 3.937,50 Euro mit allen maßgebenden Einkommensbestandteilen überschritten wird, bleibt der übersteigende Teil beitragsfrei. Dies ist insbesondere denkbar wenn die Auszahlungsphase noch während des Erwerbslebens beginnt.
In diesen Fällen beginnt die Zehnjahresfrist mit dem Ersten des auf die Auszahlung folgenden Monats. Soweit in dieser Zeit der Versicherte mit seinem Arbeitsentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, fallen aus der Kapitalleistung zunächst keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an.
Wenn Sie später allerdings weniger verdienen oder in Rente gehen und Sie nicht mehr über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, sind die Auszahlungen wiederum beitragspflichtig. Grund dafür ist, dass die Beitragspflicht auf zehn Jahre gestreckt wird und in dieser Zeit kann sich Ihr Einkommen ja verändern.
Es fallen keine Beiträge an die Krankenkasse an, wenn der umgelegte Anteil 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV nicht übersteigt. Diese beträgt für 2013 monatlich 2.695 Euro. 1/20 davon sind also 134,75 Euro.
Umgekehrt: Es kann eine Beitragspflicht entstehen, wenn 1/120 des Gesamtbetrages (ggf. zusammen mit weiteren Versorgungsbezügen) die monatliche Mindestgrenze für die Beitragspflicht in Höhe von 1/20 der Bezugsgröße von 134,75 Euro überschreitet.
Demzufolge bleiben »kleinere« Direktversicherungen bis zu einer Auszahlungssumme von rund 15.000 Euro beitragsfrei, wenn keine weitere betriebliche Altersversorgung besteht.
Für die Feststellung, ob der Betrag von 134,75 Euro monatlich überschritten wird, erfolgt eine Zusammenrechnung sämtlicher Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Allerdings nicht die Zusammenrechnung von gesetzlicher Rente und betrieblicher Altersversorgung.
Wenn Sie die Auszahlung einer Direktversicherung über 6.000 Euro erhalten (6.000 : 120 = 50 Euro monatlich) und eine monatliche Betriebsrente aus einer Pensions- oder Unterstützungskasse von monatlich 100,00 EUR, überschreiten Sie die Grenze von 134,75 um 15,25 Euro monatlich (da insgesamt 150 Euro zur Berechnung herangezogen werden).
Beide Auszahlungen sind somit beitragspflichtig!
Die »Todesfalle«
Im Falle des Ablebens des Versicherungsnehmers gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Stirbt der Versicherungspflichtige während des 10-Jahreszeitraumes, endet die Beitragspflicht auch zu diesem Zeitpunkt. Die Erben müssen keine Beiträge entrichten.
2. Stirbt der Versicherungspflichtige vor Fälligkeit der Auszahlung und diese erfolgt dann an einen Hinterbliebenen, gelten für den Hinterbliebenen die gleichen Rechtsgrundsätze. Es kann also eine Beitragspflicht entstehen, wenn 1/120 des Gesamtbetrages (ggf. zusammen mit weiteren Versorgungsbezügen) die monatliche Mindestgrenze für die Beitragspflicht in Höhe von 1/20 der Bezugsgröße von 134,75 Euro (Kalenderjahr 2013) überschreitet.
Hier noch einmal eine abschließende Übersicht:
Gesetzlich Pflichtversicherte: Beitragspflicht aus Direktversicherungen
Gesetzlich freiwillig Versicherte: Beitragspflicht aus Direktversicherungen
Versicherungsfreie: Keine Beitragspflicht
Privat Versicherte: Keine Beitragspflicht
Wie Sie erfahren haben, sanieren sich die Krankenkassen auf Ihre Kosten – und das durch völlig »legale«, höchstrichterlich abgesegnete, Entscheidungen der Politik.
Die Direktversicherung – bei Ihrer Einführung sicherlich gut gemeint – ist zu einem reinen Abzocke-Modell verkommen, das durch Krankenkassenbeiträge, Steuern, Solidaritätszuschlag und Inflation zudem noch höchst unrentabel ist.
Bevor Sie also eine Direktversicherung zeichnen sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie nicht doch einen Goldsparplan abschließen oder für den Betrag monatlich Edelmetalle als 1-Unze-Münzen kaufen.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 1.200 Contents verfasst und bisher 24 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Die ökologische Lösung der Schuldenkrise“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.