Vorsicht Direktversicherung! - Teil I
Dr. Michael Grandt
Unser Gesundheitssystem hat seine besten Tage gesehen. Auch bei Ihnen, die Sie eigentlich für Ihr Alter vorsorgen sollten, greift der Staat zu – und zwar von hinten durch die Brust ins Auge. Wie subtil, erfahren Sie jetzt.
Der Staat braucht immer mehr Geld. Obwohl die Steuereinnahmen sprudeln, sind die Kassen chronisch leer. Auch unser Gesundheitssystem steht nicht so gut da, wie in der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Der Staat streckt auch hier seine gierigen Finger aus und vergreift sich an der Altersvorsorge, die er eigentlich durch Steuerfreiheit subventioniert. Wie das geht, erkläre ich Ihnen anhand der betrieblichen Direktversicherung.
Wie eine Direktversicherung funktioniert
Direktversicherungen gibt es in drei Varianten:
1. Lebensversicherung
2. Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht
3. Fondsgebundene Lebensversicherung
Der Arbeitgeber schließt eine Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung aufgrund einer ausgeübten Haupttätigkeit für den Arbeitnehmer ab. Der Unternehmer zahlt die Beiträge. Der Arbeitnehmer ist Versicherter und Begünstigter.
Dabei wird ein Teil des Gehalts nicht an den Arbeitnehmer ausbezahlt, sondern direkt in Beiträge für die Versicherung umgewandelt. 2013 können so bis zu 2.784 Euro im Jahr im Rahmen dieser »Entgeltumwandlung« steuerfrei in die Direktversicherung einbezahlt werden. Neben der Steuerfreiheit der Beiträge sind auch Beiträge bis zu 232 Euro monatlich sozialabgabenfrei.
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird/kann der Vorsorgevertrag auf den Arbeitnehmer übertragen werden. Die Direktversicherung kann dann entweder mit eigenen Mitteln weiterfinanziert, beitragsfrei gestellt oder vom neuen Arbeitgeber fortgeführt werden. Wer sich selbstständig machen will, kann den Versicherungsvertrag fortführen oder beitragsfrei stellen.
Am Ende der Laufzeit (bei Verträgen ab 2012 frühestens mit dem 62. Lebensjahr) erhält der Arbeitnehmer das Kapital aus der Direktversicherung ausgezahlt. Bei Rentenversicherungen kann zu Beginn der Rentenlaufzeit auch eine Teilkapitalauszahlung bis maximal 30 Prozent des angesparten Kapitals und/oder die vereinbarte monatliche Rentenzahlung erfolgen.
Die Form der Direktversicherung als Altersvorsorge ist in vielen Unternehmen – besonders im Mittelstand – sehr beliebt, kann man dem Arbeitnehmer doch einen Vorteil bieten.
Früher wurden die Beiträge zur Direktversicherung lediglich mit einem Pauschalsatz für Kranken- und Rentenversicherung sowie für Lohnsteuer zusätzlich belastet. Dieser war insgesamt niedriger als die Regelsätze. Die eingesparten Lohnzusatzkosten beglückten Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen.
Doch seit dem 1. Januar 2004 ist aber Schluss mit der »guten« Direktversicherung, zumindest was die Auszahlung betrifft. Schuld daran ist das »Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen«.
Heimlich still und leise
Das Gesetz, das von der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) durchgepeitscht wurde, gilt seit dem 1. Januar 2004. Darin ist die Krankenkassenpflicht aus einer betrieblichen Altersvorsorge neu geregelt worden.
Durch einen Satz im SGB ist die Krankenkassenpflicht von laufenden Renten auf Kapitalauszahlungen erweitert worden. Dies geschah damals heimlich, still und leise und wurde selbst vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft erst nach einigen Wochen erkannt.
Seither sind Kapitalauszahlungen aus einer betrieblichen Direktversicherung als Versorgungsbezug voll beitragspflichtig und zwar in der Kranken- und Pflegeversicherung. Der Versicherte zahlt also die doppelte Zeche.
Private Lebens- und Rentenversicherungen sind (noch) nicht betroffen. Mich würde es aber nicht wundern, wenn unser - de facto - bankrotte Staat das in Zukunft ebenfalls ändert.
Die Regelung gilt auch für Direktversicherungen, die vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossen worden sind. Also rückwirkend und ohne Chance, sich dagegen zu wehren!
Die in Insiderkreisen so genannte »120er-Regelung« schreibt vor, dass der an die Krankenkasse zu zahlende Betrag in 120 Monaten, also über zehn Jahre hinweg entrichtet werden muss. Für die rund fünf Millionen freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenkasse gilt das genau so.
Die Beiträge aus einer Kapitalleistung sind vom Versicherten selbst an die Krankenkasse zu zahlen. Ein Beitragseinbehalt durch die Versicherungsgesellschaft ist nicht vorgesehen. Allerdings müssen Sie die Höhe der Kapitalleistung melden. Sie sind ebenso verpflichtet, dem Versicherer Ihre Krankenkasse mitzuteilen.
Voraussetzungen für die Krankenkassenbeitragspflicht:
• Der Leistungsempfänger ist gesetzliches oder freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.
• Die Rentenzahlung bzw. Kapitalleistung stammt aus einer Versicherung der betrieblichen Altersversorgung.
Die Versicherungsgesellschaften sind dazu verpflichtet, die Auszahlungen der Krankenkasse bei Beginn der Auszahlung zu melden. Ich wiederhole, die Verpflichtung, Sie zu informieren besteht erst bei Beginn der Auszahlung. Hat Sie Ihr Versicherungsvertreter bis dahin nicht darüber informiert (und davon gehe ich aus), werden Sie davon völlig überrascht sein.
Auszahlung einer Direktversicherung: 50.000 €
./. 15,5 % Krankenversicherungsbeitrag: 7.750 €
./. 1,95 % (2,2 %) Pflegeversicherung: 975 € (1.100 €)
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Abzüge gesamt: 8.725 € (8.850 €)
Diese werden über 10 Jahre (120 Monate) gestreckt.
Monatliche Zahlung an die Krankenkasse: 72,70 € (73,75 €)
Die Abzüge entsprechen einem Renditeverlust von 17,45 % bzw. 17,7 % und das vor Inflation.
Sehr viele Versicherte haben sich deshalb bei der Auszahlung ihrer Direktversicherung schon verwundert die Augen gerieben. Ich bekomme fast jede Woche Briefe und Mails zu diesem Thema.
Vergessen Sie auch nicht, dass die Abzocke noch weitergeht, denn nach dem Alterseinkünftegesetz werden die Auszahlungen aus dem Vorsorgevertrag - für alle nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossenen Verträge - nachgelagert besteuert. Das bedeutet, die Besteuerung erfolgt bei Erhalt der Zahlungen im Rentenalter. Das wird Ihnen zwar als Vorteil verkauft, weil Sie als Rentner voraussichtlich einen niedrigeren Steuersatz haben, aber Fakt ist und bleibt: Neben rund 18 Prozent Krankenkassenbeiträgen aus Ihrer Kapitalauszahlung müssen Sie die Auszahlung dann auch noch versteuern.
Zinsen und Kapitalerträge bleiben bis zur Höhe von 801 Euro für Alleinstehende bzw. 1.602 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten vom Abzug befreit (Sparerpauschbetrag).
Lesen Sie im 2. Teil warum die doppelte Krankenkassenpflicht völlig legal ist und warum die betriebliche Direktversicherung sogar zur »Todesfalle« werden kann.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 1.200 Contents verfasst und bisher 24 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Die ökologische Lösung der Schuldenkrise“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.