85 Tonnen Silber retten vor dem Staatsbankrott!
Dr. Michael Grandt
Teil 2: Der Sturm
Die erste globale Wirtschaftskrise im Jahr 1857 traf Hamburg besonders hart. Ein Zug voll Silber rettete die Hansestadt und ihre Kaufleute schließlich vor dem Bankrott.
Vorboten der Krise
Der anhaltende Krimkrieg bewirkte eine wirtschaftliche Depression in den USA. Zudem blieben dort die erhofften Gewinne durch die Besiedlung des amerikanischen Westens aus.
So kam es, wie es kommen musste: Die Gewinnerwartungen, die die Kurse an den US-Börsen in astronomische Höhen getrieben hatten, erfüllten sich nicht. Die Spekulationsblase platzte und der Wert der amerikanischen Eisenbahnaktien fiel rapide.
Die Wall Street stand still. Das "Virus" übertrug sich mit Frachtdampfern nach Europa. Zuerst traf es Großbritannien. Britische Händler hatten auf Kredit gigantische Mengen Güter nach Amerika geliefert, schottische und englische Banken amerikanische Eisenbahngesellschaften finanziert.
Da sich die amerikanischen und englischen Handelsverbindungen über die ganze Welt erstreckten, riss der erste Finanzcrash der jüngeren Weltgeschichte tausende Unternehmen rund um den ganzen Globus in den Bankrott.
Die erste globale Wirtschaftskrise erfasste Hamburg
Mit den Finanzmärkten in den USA brachen 1857 auch die internationalen Handelsströme zusammen. Die erste globale Wirtschaftskrise erfasste in Deutschland deshalb zunächst die Hansestadt Hamburg, den größten Umschlagsplatz für Güter aus Übersee.
Die Baumwolle, die die hamburgischen Kaufleute in Amerika auf Kredit eingekauft hatten, verlor 30 Prozent an Wert. Die skandinavischen Geschäftspartner können ihre Schulden nicht mehr bezahlen, da auch England in der Krise steckte. Aber es kam noch schlimmer, weil auch die Briten ihre Kredite zurückforderten.
Für die Kaufleute in Hamburg wurde die Lage immer katastrophaler. Das Bargeld wurde knapp, weil niemand mehr Wechsel annahm. Zudem blieben sie auf ihren Waren sitzen, obwohl ihre Lagerhäuser prall gefüllt waren. Insgesamt 500 Millionen Mark betrug der Wert ihrer Bestände. Doch keiner wollte etwas kaufen.
Kleinere Handelshäuser mussten schließen. Am Ende der Krise waren es 200. Am 5. Dezember 1857 baten die führenden Großkaufleute den Senat dann um Staatshilfe. Im Klartext: Sie wollten Papiergeld.
Doch der Senat wollte seine Silberwährung nach wie vor nicht gefährden und lehnte die Bitte ab. Aber man wollte auch keine Pleitewelle riskieren, die letztendlich auch die Stadt in ihrer Existenz gefährden würde.
Schließlich beschloss der Senat, den Kaufleuten Kredite zu geben, damit sie sich über die schwere Zeit finanzieren konnten. Doch dazu benötigte die Stadt Silber. Aber in den Tresoren der Staatsbank lagerte nicht annähernd so viel wie gebraucht wurde.
Letzte Rettung: Der "Silberzug"
Der ehemalige Erzfeind Österreich war es, der den Hamburgern zur Hilfe kam. Das Land, das nur wenig in den Welthandel eingebunden und deshalb krisenresistenter war, zeigte sich bereit, Silber im Wert von zehn Millionen Bancomark für ein Jahr gegen sechs Prozent Zinsen an den Senat zu verleihen.
Ein Sonderzug aus 14 Waggons, prall gefüllt mit 2.825 Silberbarren und einem Gesamtgewicht 85 Tonnen, erreichte am 15. Dezember 1857 den Bahnhof in Hamburg. Der Bann war gebrochen. Der Bankrott vieler großer Hamburger Handelsunternehmen und auch der Stadt war abgewendet. Ab 1871 boomte die Wirtschaft wieder.
Aus der Vergangenheit nichts gelernt
Aus dieser ersten globalen Wirtschaftskrise wurden aber keine Lehren für die Zukunft gezogen. Die Gold- und Silberdeckung verschwand und ungedecktes Papiergeld nahm Einzug in unser Wirtschaftssystem.
Dadurch entstehen bis heute immer mehr Schulden. Nach einer neuen Währungsreform ist deshalb dringend eine Edelmetalldeckung angeraten, um neue Verschuldungsorgien von vornherein zu verhindern.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 800 Contents verfasst und bisher 22 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin.
Im GeVestor-Verlag gibt er seinen eigenen Börsenbrief „Unter vier Augen – Wissen, was andere nicht wissen“ heraus, der die Vermögenssicherung fokussiert.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.