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Was steckt hinter der geplanten Rückführung des deutschen Goldes? Teil I

Dr. Michael Grandt

Es ist doch seltsam, dass Deutschland nach über sechs Jahrzehnten sein Gold zurückholen will. Was könnten die Gründe dafür sein – und warum will man uns das Gold erst in sieben Jahren aushändigen?


Die Presse meldet die Rückführung des deutschen Goldes. Während das hierzulande auf mäßiges Interesse, befriedigtes Nicken oder maximal etwas Verwunderung stößt, sind die Kommentare in den ausländischen Medien weniger begeistert.

Die US-Presse sinniert öffentlich darüber nach, was passieren würde, wenn das Gold auf dem Weg geraubt werden würde. Anscheinend ist die Postkutschenzeit des Wilden Westens noch nicht so lange her. Die Washington Post vermutet, die Deutschen trauten der Fed nicht mehr über den Weg. Sie würden sich Sorgen machen, dass auch ihr Goldbarrenbestand in den Gewölben unter New York gegen die berüchtigten, gefälschten Wolframkernbarren ausgetauscht worden sein könnte.

Der britische Telegraph diagnostiziert gleich einen fundamentalen Vertrauensverlust zwischen den führenden Nationalbanken. Das Wall Street Journal findet die ganze Aktion vollkommen unsinnig, weil Gold doch schon lange keine offizielle Rolle mehr in der internationalen Geldpolitik spiele.


Gold ist die einzig wahre Währung

Offen gestanden nehme ich dem Wall Street Journal diese törichte Einschätzung nicht ab. Alle Papierwährungen, die in der Menschheitsgeschichte je aufgelegt wurden, sind bekanntermaßen durchschnittlich binnen 80 Jahren wieder verschwunden. Geblieben sind dagegen Gold und Silber – und das seit Tausenden von Jahren.

Die Golddeckung des Dollars wurde 1973 in Bretton Woods 1973 abgeschafft. Seitdem fällt sein Wert wie ein Stein. Ohne Golddeckung können Staaten Papiergeld drucken, bis die Druckerpresse raucht – und sie tun es auch. Weil aber Gold niemals wertlos werden kann, ist es die letzte, harte und wirklich sichere Reserve eines jeden Besitzers, auch von Staaten.


Deutsches Gold – ein Tabuthema

Nach dem Zweiten Weltkrieg transportierten die westlichen Siegermächte das Gold des Deutschen Reiches ab. Offiziell hieß es, damit sollte verhindert werden, dass es bei einem neuerlichen Angriff in die Hände der Sowjetunion fallen könne.

Dass die Sowjetunion seit 1945 nicht mehr in Deutschland einmarschiert ist, hinderte die drei westlichen Siegermächte jedoch nicht daran, auch weiterhin das deutsche Staatsgold in ihren Kellern unter Verschluss zu halten. Zudem reagierten sie extrem humorlos wenn irgendjemand wagte, davon zu sprechen.

Im letzten Jahr wollten einige deutsche Abgeordnete die deutschen Goldbestände in den Gewölben der New Yorker Fed besichtigen. Es wurde ihnen rundheraus verwehrt. Bis vor kurzem war das Thema „Deutsches Gold zurück nach Hause“ ein absolutes Tabuthema. Weder die USA, noch Frankreich, noch Großbritannien waren bereit, überhaupt darüber zu reden.


Und plötzlich geht’s!

Nun, aus heiterem Himmel, rücken sie alle – wenn auch nur teilweise – das deutsche Gold heraus. Es gab keine Verhandlungen, von denen man gehört hätte. Keine Missstimmungen, keine diplomatischen Verwicklungen, nicht einmal eine Anfrage der Deutschen Bundesbank.

Gleich alle drei Siegermächte versprechen unisono, innerhalb von sieben Jahren die Hälfte der deutschen Goldbestände zurückzugeben. Man hat fast den Eindruck, als MÜSSTE Deutschland das Gold annehmen. Aber warum? Woher kommt der plötzliche Sinneswandel? Wozu braucht ein Staat dringend sein Gold?

Es muss doch handfeste Gründe dafür geben. Diese will ich nun analysieren:


Der Staat hat immense Schulden, seine Zahlungsfähigkeit steht dringend in Frage. Er kann keine neuen Staatsanleihen mehr auf den Finanzmärkten platzieren, wenn er nicht handfeste und zweifelsfreie Sicherheiten bietet. Wir erinnern uns, dass im Falle Griechenlands und Portugals die Frage nach dem Staatsgold als Pfand gestellt wurde. Deutschland hat bisher aber als Schuldner einen guten Ruf. Noch rangiert Deutschland in seiner Bonität weit oben. Wir sind (noch) die Besten von den Schlechtesten.

Der Staat muss sein Gold verkaufen, um Schulden zu bezahlen, weil gar nichts anderes mehr geht. Das ist für Deutschland unwahrscheinlich. Selbst wenn, könnte das geräuschlos aus den USA, Frankreich und Großbritannien erledigt werden. Einen solchen - öffentlichen - Donnerschlag würde man nämlich tunlichst verschweigen.

Der Staat muss einen Währungsschnitt machen oder eine Währungsreform durchführen. Die neue Währung braucht Vertrauen, sowohl im Ausland als auch bei den eigenen Bürgern. Eine Golddeckung schafft Zutrauen. Diese Variante ist aber sehr, sehr unwahrscheinlich. Deutschland kann nicht aus dem Euro austreten, ohne ein globales Desaster anzurichten. Außerdem wäre eine neue, goldgedeckte Deutsche Mark so ziemlich das Letzte, was die USA mit ihrem kränkelnden Dollar, und Großbritannien sowie Frankreich als härteste Konkurrenten und Neider Deutschlands unterstützen würden. Sie würden vielmehr aus genau diesen Gründen das Gold behalten und für eigene Zwecke einsetzen.

Das deutsche Gold soll Vertrauen schaffen und als Sicherheit für die gesamte Eurozone herhalten. Möglicherweise als Goldreserve für den ESM dienen. Diese Möglichkeit halte ich für die Wahrscheinlichste. Denn Deutschland ist der letzte Pfeiler, der im Euroraum noch steht. Die Bundesrepublik (das heißt natürlich Sie, als Steuerzahler) muss (vorerst) 80 Milliarden in den ESM einzahlen, für 167 Milliarden Euro bürgen. Insgesamt haftet Deutschland für alle Rettungsschirme mit insgesamt 310 Milliarden Euro. Die deutschen Staatsschulden (explizit) betragen über zwei Billionen, mit den impliziten sind es über sieben Billionen Euro. Die Schulden, die die EZB gegenüber der Bundesbank hat (Target-II), betragen rund 700 Milliarden Euro. Aber es ist mehr als fraglich, ob sie jemals bezahlt werden. Für diesen Verlust kommen auch Sie als Steuerzahler auf. Im Klartext: Deutschland muss möglicherweise insgesamt Zahlungen und Schulden von bis zu acht Billionen Euro schultern! Da braucht man schon Vertrauen.


Nicht umsonst hat Deutschland, hinter den USA, die zweitgrößten Goldreserven der Welt. Viel mehr als die ehemaligen Siegermächte Frankreich, Russland und Großbritannien. Ich halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass das deutsche Gold als Faustpfand für den ESM und als Sicherheit für die gesamte EU eingesetzt werden wird.

Lesen Sie im zweiten Teil, was dahinterstecken könnte, wenn Deutschland seine Goldreserven erst in sieben Jahren geliefert bekommen soll.
 

 


Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.

Michael Grandt hat über 800 Contents verfasst und bisher 22 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Vorsicht Lebensversicherung!“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
Im GeVestor-Verlag gibt er seit kurzem seinen eigenen Börsenbrief „Unter vier Augen – Wissen, was andere nicht wissen“ heraus https://www.gevestor.de/shop/details/unter4augen.html , der die Vermögenssicherung fokussiert.

2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.