Immobilien im Visier
Dr. Michael Grandt
Warum glauben Sie, wurde vor einem Jahr die Volksbefragung »Zensus« durchgeführt, bei der jeder Immobilienbesitzer zur Angabe seiner Wohnsituation quasi verpflichtet wurde?
Die Medien schweigen über die im Sommer 2011 durchgeführte Volksbefragung »Zensus«. Auch viele Immobilienbesitzer machen sich keine Gedanken mehr oder haben das schlichtweg schon wieder vergessen. Doch die Rädchen im Hintergrund arbeiten ununterbrochen. Schließlich kann es noch zwei, drei Jahre dauern, bis die Ergebnisse erfasst, statistisch ausgewertet und zugeordnet werden können.
Der Staat vergisst nichts
Ich habe mich bereits damals bei der Durchführung von »Zensus« gefragt, ob sich der Staat damit vielleicht auf Kosten der Immobilienbesitzer entschulden möchte? Warum zwang er alle Immobilienbesitzer dazu, sensible Daten über ihr Eigentum abzugeben? Und das gerade in Zeiten, in denen sich die Staatsverschuldung auf einem erschreckenden Höhepunkt befindet?
Zur Erinnerung: 80.000 Zensus-Volkszähler befragten vergangenes Jahr insgesamt 26 Millionen Menschen. Die Teilnahme war Pflicht und jeder der den Fragebogen nicht zurückschickte, musste mit einem Bußgeld von mindestens 150 Euro rechnen. Entkommen konnten die Aufgeforderten sowieso nicht, denn neben der Datensammlung durch die Haushaltsinterviewer wurden auch Informationen aus den Melderegistern der Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit zusammengetragen und ausgewertet.
Zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, also acht Millionen zufällig ausgewählte Menschen, wurden im Rahmen der Haushaltsbefragung zur Erwerbstätigkeit, Bildung und Migrationshintergrund befragt. Aber alle 17,5 Millionen Eigentümer von Häusern und Wohnungen mussten Auskunft über ihr Eigentum geben.
Die Daten sollen »geschützt« werden. Aber Fakt ist, dass es den Statistikämtern im Zensus-Gesetz ausdrücklich erlaubt wurde, »für jede Anschrift, jedes Gebäude, jede Wohnung, jeden Haushalt und jede Person« eine Ordnungsnummer zu vergeben und diese bei der Zusammenführung der Datensätze zu nutzen.
Staatliche Schnüffelei über Ihr Vermögen
Per Zwangsgesetz forderte das Statistische Bundesamt somit die Daten aller 17,5 Millionen Haus- und Wohnungseigentümer ein. Hier waren alle auskunftspflichtig, ohne Ausnahme. Die offizielle Begründung: »Wo gibt es Wohnungsmangel, wo Leerstand? Wie viele Quadratmeter haben die Menschen zum Wohnen zur Verfügung? Derartige Informationen sind wichtig – beispielsweise für die Stadtplanung. Die Gebäude- und Wohnungszählung wird darauf Antworten geben.«
Bei Gebäuden wollte das Bundesamt wissen, um was es sich genau handelt, wann es gebaut wurde, wie viele Wohnungen es in dem Gebäude gibt und welche Heizungsart verwendet wird. Bei Wohnungen interessierte die Größe, die Zahl der Räume und Bewohner sowie das Vorhandensein von Bad/Dusche und WC. Um Angaben für Haushalte berechnen zu können, wurde auch nach den Namen von bis zu zwei Wohnungsnutzern gefragt.
War »Zensus« also die Bestandsaufnahme für eine zukünftige Immobilienzwangsabgabe und warum sollte es die Umfrage sonst überhaupt geben?
Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen
Das ist leicht zu erklären: Die Staatsverschuldung Deutschlands, die offiziell über zwei Billionen Euro, mit zukünftigen Staatsverpflichtungen allerdings rund sieben Billionen Euro beträgt, ist mit »normalen« Maßnahmen nicht mehr zu tilgen. Dank Eurokrise und Rettungspakete werden es zudem täglich mehr. Eine völlige Bankrotterklärung wird nur dann zu verhindern sein, wenn die Bürger zusätzlich enteignet werden.
Am besten geschieht dies über den Immobilienbesitz, den man vor dem Staat nicht »retten« kann. Sie glauben das nicht? Dann schauen Sie mit mir einmal kurz in die Vergangenheit, um für die Zukunft zu lernen:
Im Jahr 1952 wurde vom Bundestag das sogenannte "Lastenausgleichsgesetz" erlassen. Die Umverteilung erfolgte dadurch, dass diejenigen, denen erhebliches Vermögen nach der Währungsreform verblieben war (insbesondere Immobilienbesitzer), die Hälfte ihres Vermögens nach dem Stand vom 21. Juni 1948 in 120 vierteljährlichen Raten, also verteilt auf 30 Jahre, in einen Ausgleichsfonds einzahlen mussten. Zu diesem Zweck wurden eine Vermögensabgabe, eine Hypothekengewinnabgabe und eine Kreditgewinnabgabe eingeführt, die an die Finanzämter zu zahlen war. Diese Sonderabgabe, sprich Teil-Enteignung traf vor allem Haus- und Wohnungseigentümer.
Laut unserem Grundgesetz ist eine Enteignung möglich
Das, was 1952 möglich war, kann sich heute beinahe problemlos wiederholen. Grundlage dafür ist unser Grundgesetz. Artikel 14, Abs. 2 lautet unmissverständlich: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« Absatz 3 spricht noch mehr Klartext: »Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig (…)« Zum Wohle der Allgemeinheit, um Staatsschulden abzubauen?
Eine Zwangshypothek, bei der eine Grundschuld zugunsten des Staates in die Grundbücher eingetragen, der Immobilienbesitzer also quasi zwangsweise verschuldet wird, ist demnach durchaus möglich. Unser Grundgesetz gibt dieses her.
Rechtsgrundlage dafür könnte ein neues Lastenausgleichgesetz sein. Dies wäre äußerst lukrativ für den Staat, denn die deutschen Immobilienvermögen werden auf knapp neun Billionen Euro geschätzt. Bei einer staatlichen Zwangshypothek von 10 Prozent könnte der Fiskus sich 900 Milliarden Euro aneignen, die sogar mit Grundschulden besichern könnte. Die Hälfte der offiziellen Verschuldung von knapp zwei Billionen Euro könnte man so also bequem »tilgen«. Die Haus- und Wohnungsbesitzer hingegen würden ärmer.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 800 Contents verfasst und bisher 22 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin.
Im GeVestor-Verlag gibt er seinen eigenen Börsenbrief „Unter vier Augen – Wissen, was andere nicht wissen“ heraus, der die Vermögenssicherung fokussiert.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.