Höhere Steuern? – Nein danke! (1)
Dr. Michael Grandt
Mit drakonischen Steuerplänen wollten SPD, Linke und die GRÜNEN bei der Bundestagswahl punkten. Doch der Schuss ist gewaltig nach hinten losgegangen. Die Menschen haben einfach genug von EU-Haftungen, Steuer- und Abgabenerhöhungen. Und diese sind auch gar nicht notwendig, denn die Mittelschicht und die Immobilienbesitzer „leiden“ schon genug.
Dennoch ist der Ruf nach höheren Steuern allgegenwärtig. Er ist aber wohlweislich nicht mehr so laut wie vor der Wahl.
Denn nicht nur in Deutschland, in ganz Europa, und in vielen anderen Ländern auf der Welt werden die Armen immer ärmer, die Reichen immer reicher und die Mittelschicht immer dünner. Das lässt sich an einigen wenigen Beispielen festmachen:
- Ein einziges Prozent der Haushalte besitzt 39 Prozent des gesamten Reichtums der Welt.
- Die Hälfte der Weltbevölkerung teilt sich dagegen ein Prozent des Reichtums.
- In den USA gibt es die meisten Millionärshaushalte (5,2 Millionen). Auf Platz zwei folgen die Japaner mit 1,53 Millionen. Auf Platz drei der Weltrangliste liegt überraschenderweise China mit 1,11 Millionen.
- Auch wenn Sie das jeden Tag anders hören: Deutschland ist nicht das reichste Land in Europa. Wir stehen erst an fünfter Stelle hinter Spanien, Österreich, Frankreich und Italien.
In Zukunft: uferlose Schulden für Kommunen
Aus der Ungleichverteilung entstehen hierzulande große Probleme, die jetzt noch nicht thematisiert werden:
Auch wenn es aktuell anders aussieht: Städte und Gemeinden geraten immer tiefer in uferlose Schulden. Der Grund: Die Hauptlast der Sozialkosten für Arbeitslose und sozial schwache Familien liegt auf ihren Schultern. Und diese werden immer mehr.
Durch das Abgleiten großer Teile des Mittelstandes in die unteren Einkommensschichten und die Rezession wird das Steueraufkommen mittelfristig sinken. Auch wenn das bei den „Rekordsteuereinnahmen“ zur Zeit nicht so aussieht. Aber gerade die für Kommunen so wichtigen Gewerbesteuern werden in Mitleidenschaft gezogen.
Die leeren Kassen der Kommunen führen dazu, dass Schulen, Straßen, Kindergärten, Bildungseinrichtungen, kulturelle Einrichtungen, öffentlicher Verkehr, Altenpflege, Krankenhäuser und sozialer Wohnungsbau unterversorgt sind oder geschlossen werden müssen. Manche Gemeinden müssen nachts sogar schon die Straßenbeleuchtung abschalten.
Steuern zu erhöhen ist also die vermeintlich „einfachste“ Lösung. Doch so „einfach“, wie sich das die Politiker vorstellen, ist es auch nicht.
Reiche, arme Mittelschicht
Aber müssen einzelne „Reiche“ (wobei mir die Definition noch nicht klar ist; für manchen Neidpolitiker ist man schon bei 100.000 Bruttojahreseinkommen reich, bei anderen ab 1 Million) für das Versagen der Politik und die Untätigkeit anderer bezahlen? Soll ihre Leistung bestraft werden? Soll der Staat ihnen dann einfach Geld wegnehmen?
Wahlergebnis hin oder her. Genau diese Pläne liegen schon seit längerem in den Schubladen von Haushaltsausschüssen und Finanzpolitikern. Wie ich schon mehrfach geschrieben habe, sind Vermögensabgaben oder Zwangsanleihen, Vermögenssteuern und ein deutlich höherer Einkommenssteuersatz für Besserverdienende – trotz Dementi – kein Tabu.
Der Trick: Der staatliche Raubzug wird wohl unter der strahlend ehrenvollen Flagge der sozialen Gerechtigkeit durchgezogen. Dabei ist doch vollkommen klar, dass das konfiszierte Geld denen, die es bräuchten, gar nicht zugute kommt. Das ist genau das Gleiche, wie mit den Bailouts für Griechenland, Portugal und andere. Die Milliarden versickern spurlos bei Banken und anderen Gläubigern. Die Menschen selbst sehen davon gar nichts, und haben auch nichts davon, im Gegenteil: Sie sinken immer tiefer in die bitterste Armut.
Das, was den „Reichen“ schon weggenommen wird, verschwindet fast komplett im Mahlstrom der Eurorettung und den tiefen Taschen der EU. Nicht ein Euro davon wird in die dringend notwendigen Arbeiten an der Infrastruktur oder den sozialen Netzen fließen.
Denn –allen voran Deutschland - will das kollabierende System an verschuldeten Staaten und insolventen Banken noch ein bisschen länger am Laufen halten. Die Enteignung der Sparkonten ist dabei auch kein Tabu mehr – siehe Zypern.
Versuchsballon Frankreich
Die nächste Fehleinschätzung: Die Steuer-Robin Hoods glauben tatsächlich, die wirklich Reichen sind für die langen Arme ihrer Steuereinzieher erreichbar. Doch diese Leute sind mit den Mächtigen dieser Welt auf Du und Du – und haben ihre Vermögen in Stiftungen oder Fonds mit Sitz auf den Caymans oder den Malediven – oder den Kanalinseln.
Frankreich hat es uns vorexerziert, wie die „Reichen“ abgeschöpft werden. Und zu den Reichen gehört man ganz schnell, denn es wird dort das „Nettovermögen“ aus Immobilien, Lebensversicherungen, Autos, Wertgegenständen und Geldanlagen zusammenzählt.
So geschehen unter François Hollande. Er führte unter Beifall des französischen Volkes genau mit den Begründungen, die ich oben angeführt habe, einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent für „Reiche“ ein. Man rieb sich schon die Hände und rechnete sich fette Beute für den Staatssäckel aus. Aber genau das Gegenteil geschah:
- Für viele wohlhabende Franzosen war die Schmerzgrenze erreicht. Große Anwaltskanzleien brachten tausende Reiche (u.a. Selbstständige, Ärzte, Privatiers) samt ihrer Vermögen legal außer Landes. Viele vermögende Familien verließen das Land. Frankreichs Steuereinnahmen sackten ab.
- Der Exodus mittelständischen Unternehmer war ein herber Verlust. Mit ihnen gingen viele Arbeitsplätze verloren, die schwächelnde Wirtschaft empfindlich getroffen.
Fazit: Die Auswirkungen der massiven Erhöhung der Kapitalsteuer waren so katastrophal, dass Hollande die gerade eingeführte Steuer umgehend wieder abschaffen musste. Eine große Blamage. Der französische Präsident konnte nicht riskieren, dass eine große Zahl von Firmen ihre Neuinvestitionen außerhalb Frankreichs tätigen und ganze Produktionsbereiche auslagern, denn er braucht die Unternehmer, will er überhaupt irgendwie eine Chance haben, aus der Rezession heraus zu kommen.
Der „Versuch Frankreich“ ist also gründlich fehlgeschlagen. Das Beispiel zeigt, dass den „Neiddebattierern“ schnell die Trümmer um die Ohren fliegen können, wenn sie in einer unter Druck stehenden Volkswirtschaft ohne Hirn herumhantieren.
Eine Börsensteuer würde eine Kapitalflucht aus Unternehmen bewirken und eine Zwangsabgabe auf Immobilien katastrophale
Auswirkungen haben.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 1.200 Contents verfasst und bisher 24 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin. Sein neues Buch „Die ökologische Lösung der Schuldenkrise“ ist jetzt im Buchhandel erhältlich.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.
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