Das Sparbuch ist nicht sicher!
Dr. Michael Grandt
Zweifeln Sie etwa daran? Nun, die meisten tun es nicht und sehen das Sparbuch als absolut sichere Geldanlage an. Dies stimmt jedoch nur zum Teil.
Die Deutschen und »ihr« Sparbuch. Ich wette, Sie haben auch eines oder zumindest schon einmal eines gehabt. Es ist das beliebteste Sparmodell in unserer Republik.
Was ist ein Sparbuch?
Ich brauche dazu wohl nicht viel zu erklären, da Sie es alle schon kennen. Häufig legt man kleinen Kindern schon ein Sparbuch an, damit sie mit 18 den Führerschein oder die Aussteuer bezahlen können.
Formal ist das Sparbuch »eine auf den Namen eines bestimmten Gläubigers (Sparer) ausgestellte Schuldurkunde, die das Rückzahlungsversprechen eines bestimmten Kreditinstituts enthält. Zudem erfüllt das Sparkassenbuch sämtliche Kriterien, die seine Zuordnung zu den Wertpapieren erfordert.
Das Prinzip ist simpel: Wenn man Geld »übrig« hat, zahlt man es bei einem Kreditinstitut auf sein Sparbuch ein. Das Sparbuch ist aber nicht zum Zahlungsverkehr bestimmt, das heißt, Geldbewegungen auf ein anderes Konto sind nicht möglich.
Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Bis zu einem Betrag von 2.000 Euro kann täglich darüber verfügt werden. Bei darüber hinausgehenden Summen bieten manche Kreditinstitute aber auch die sofortige Auszahlung an, wenn man einen Abschlagszins in Kauf nimmt, das heißt, wenn man auf einen Teil der erwirtschafteten Zinsen verzichtet.
Bei der Rendite unterscheidet man zwischen:
1. Nominalrendite: Verzinsung
2. Realrendite: Verzinsung abzüglich der Inflation
Die Verzinsung erfolgt aber nur einmal jährlich oder bei Auflösung des Kontos.
Viele Sparkassen und Banken bieten auch sogenannte »Bonus-Sparbücher« mit einer stufenweisen Erhöhung der Verzinsung bei steigendem Guthaben an. Es gibt keine Verpflichtung zu regelmäßigem Sparen oder zu einer Mindestanlagesumme. Allerdings kann es Kündigungsfristen geben.
Ist das Sparbuch sicher?
Zweifeln Sie etwa daran? Nun, die meisten tun es nicht und sehen das Sparbuch als absolut sichere Geldanlage an. Dies stimmt jedoch nur zum Teil. Sicher ist, dass die Höhe der Geldanlage ohne Abbuchung nicht weniger werden kann.
Aber andererseits kann jeder, der das Sparbuch besitzt von dort auch Geld abheben, wenn der Bankangestellte keinen Legitimationsnachweis (Ausweis) sehen will.
Wie aber sieht es aus, wenn das Kreditinstitut Insolvenz anmeldet? Wie sicher sind dann Ihre Einlagen? Das deutsche Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) schützt 100 Prozent der Einlagen (bis maximal 100.000 Euro) und 90 Prozent der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften (bis maximal 20.000 Euro) je Kunde und Institut.
Was aber, wenn viele Banken gleichzeitig der Bankrott droht? Etwa drei Prozent der Guthaben, sind bei den Banken als Bargeld ständig verfügbar. Das erklärt, warum die Banker nichts mehr fürchten als einen »Run« auf ihre Banken, denn das hat in der Vergangenheit immer wieder zu Fällen von Zahlungsunfähigkeit geführt. Wie sieht es aber dann aus mit der Sicherheit Ihres Sparbuches?
Das Merkel-Märchen
Am 5. Oktober 2008, kurz nach dem Ausbruch der Finanzkrise, trat Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück vor Journalisten und gab eine, bis dahin einmalige, historische Erklärung ab:
»Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.«
Das war de facto eine Staatsgarantie für alle Spareinlagen. Aber als Staatsgarantie (also als juristische Haftung für Hunderte von Milliarden Euro für die Spareinlagen der Bürger) hätte das Versprechen der Kanzlerin und des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück in ein Gesetz umgearbeitet werden müssen. Das war aber nie der Fall!
Lediglich eine »politische Erklärung« sei das gewesen, ließ man seinerzeit verlauten, denn vor einer tatsächlichen Haftung, die zu Papier gebracht werden sollte, scheuten die Protagonisten zurück.
Die Welt am Sonntag (28.10.2008) hatte trotzdem vom Kanzleramt ein klares Bekenntnis zu der damals abgegebenen »Garantie« erwartet und nachgefragt. Die Antwort des Bundesfinanzministeriums war nichtssagend und doch höchst aufschlussreich:
»Die Frage stellt sich derzeit nicht, weil es keine Bedrohung für die Spareinlagen mehr gibt«. –
Wie bitte? Keine Bedrohung für die Spareinlagen? Wieso brauchen dann die Banken und Landesbanken immer neue Milliarden vom Staat? Dann folgt ein Eiertanz vom Kanzleramt, so die WAMS weiter: »Aus dem Kontext der damaligen Äußerungen werde klar, dass sich die Garantie auf die akute Situation im Herbst 2008 und die damaligen Sorgen vieler Menschen bezogen habe. ‚Eine Unendlichkeitsgarantie kann eine solche Erklärung natürlich nicht haben.’ Ausdrücklich zurückgezogen, das wird betont, sie die Garantie jedoch nicht«.
Zwei Jahre später relativierte Ex-Finanzminister Peer Steinbrück im SPIEGEL (37/2010) seine und die Zusicherung der Kanzlerin:
Steinbrück: »Es gab eine spürbare Verunsicherung, und die Leute begannen, ihr Geld von den Banken abzuheben. Dadurch sank die Liquidität der Kreditinstitute, was wiederum das Vertrauen in die Banken untergrub. Es drohte ein Teufelskreis, weswegen Kanzlerin Merkel und ich uns entschlossen haben, alle Spareinlagen staatlich zu garantieren. Es hat funktioniert. Fragen Sie mich nicht, was passiert wäre, wenn es nicht funktioniert hätte.«
SPIEGEL: »Doch, wir fragen Sie. Was hätten Sie gemacht, wenn die Garantie fällig geworden wäre?«
Steinbrück: »Gezahlt natürlich. Wir hätten das Parlament um die Bewilligung entsprechender Mittel bitten müssen. Hätten wir in solch einem Fall nicht zu unserer Zusage gestanden, wäre die Republik in ein Chaos gestürzt.«
SPIEGEL: »Aber die Garantiesumme hätte Hunderte Milliarden Euro umfasst.«
Steinbrück: »Möglicherweise. Deshalb haben wir unsere Zusage konzentriert auf Spareinlagen. Dabei haben wir am Sonntag wohlweislich offengelassen, was unter dem Begriff Spareinlagen genau zu verstehen ist.«
SPIEGEL: »Waren Sie sich in diesem Moment eigentlich aller Konsequenzen dieser Erklärung bewusst?«
Steinbrück: »Wir wussten, dass wir uns auf dünnem Eis bewegen. Um es deutlich zu sagen: Für eine solche Zusage fehlte uns eigentlich die Legitimation. Es gab keine Rechtsgrundlage und keinen parlamentarischen Rückhalt. Ich wundere mich bis zum heutigen Tag, dass die Parlamentarier hinterher nie gefragt haben: Um Gottes willen, was habt ihr da eigentlich gemacht?
Diese überraschend ehrlichen Aussagen machen bis heute, im Oktober 2012 drei Dinge klar:
1. Das deutsche Volk, das dem Versprechen blind vertraute, wurde wissentlich getäuscht, weil nicht genau definiert war, was unter »Spareinlagen« zu verstehen ist.
2. Eine Garantie in solcher Höhe muss vom Parlament abgesegnet und in ein Gesetz gegossen werden, beides war nicht der Fall, also hatten die Bundeskanzlerin und der Finanzminister juristisch kein Recht, diese Garantie zu geben. Ob die Menschen, die ihre Vermögen verloren hätten auch wirklich alle ihre Ersparnisse vom Staat zurückerhalten hätten ist äußerst unwahrscheinlich.
3. Droht der nächste Finanzcrash, wird sich der Bürger wohl kaum ein zweites Mal an der Nase herumführen lassen und den Aussagen der Politiker und der Kanzlerin noch Glauben schenken.
Fazit
Das Sparbuch ist der Klassiker der Geldanlage. Die Menschen vertrauen ihm seit Jahrzehnten. Es ist einigermaßen sicher und leicht zu handhaben. Doch es ist nicht zum Vermögensaufbau geeignet. Bei rund 2,6 Prozent Inflation und einer Kapitalertragssteuer (inkl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) von etwa 28 Prozent kann man damit eigentlich nur Minus machen. Gold und Silberinvestments sind auf jeden Fall die bessere Alternative.
Dr. h.c. Michael Grandt, Jahrgang 1963, arbeitet seit 1992 als Publizist, Dozent und Fachberater für die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Zeitgeschichte. Er hat an zahlreichen Fernsehreportagen u.a. für BBC, Channel 4, ORF, RTL, SAT 1 und PRO 7 mitgearbeitet und ist in vielen TV-Talkshows als Experte aufgetreten.
Michael Grandt hat über 800 Contents verfasst und bisher 22 Bücher publiziert. Seine Werke „Der Crash der Lebensversicherungen“; „Der Staatbankrott kommt!“, „Europa vor dem Crash“ (mit Udo Ulfkotte und Gerhard Spannbauer), „Der Euro-Crash kommt“, in denen er die Euro-Krise schon vor Jahren präzise vorausgesagt hat, waren und sind seit Monaten auf den Bestsellerlisten von Spiegel, Handelsblatt und Manager-Magazin.
Im GeVestor-Verlag gibt er seit kurzem seinen eigenen Börsenbrief „Unter vier Augen – Wissen, was andere nicht wissen“ heraus https://www.gevestor.de/shop/details/unter4augen.html , der die Vermögenssicherung fokussiert.
2005 wurde Dr. Grandt die Staufermedaille für besondere Verdienste für das Land Baden-Württemberg und 2011 die Ehrendoktorwürde der staatlichen rumänischen Universität Pitesti verliehen. Er hält erfolgreiche Vorträge zu den Themen Finanzen und Wirtschaft. Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.michaelgrandt.de.