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Dr. Bruno Bandulet: Solide wird der Euro nicht mehr

Dr. Bruno Bandulet hat sich bereits im Vorfeld der Euro-Einführung als Kritiker der Gemeinschaftswährung einen Namen gemacht und damit – im Nachhinein betrachtet – leider Recht behalten. Mit dem Buchautor führte pro aurum ein Interview zum Thema Eurokrise und Gold.


pro aurum: Die Deutschen haben in den vergangenen 100 Jahren inklusive Euro-Umstellung drei Währungsreformen über sich ergehen lassen. Welche Parallelen sehen Sie heute im Vergleich zur Lage nach dem Ersten bzw. Zweiten Weltkrieg?


Bruno Bandulet: Die Parallele besteht in der Überschuldung vieler westlicher Staaten – auch Deutschlands, wobei diese allerdings nicht auf einen Krieg zurückzuführen ist. Die Überschuldung ist diesmal demokratiebedingt, weil die Politiker vor der Wahl den einen Teil ihrer Wähler mit dem Geld bestechen, das sie dem anderen Teil abnehmen. In Deutschland wird in etwa ab 2020 die Demografie-Falle zuschnappen – und dann laufen auch hier die Staatsfinanzen aus dem Ruder.


Sie selbst sehen Europa am Vorabend einer weiteren Währungsreform angelangt. Können Sie diesen relativ vagen Zeithorizont etwas konkretisieren?


Das lässt sich natürlich schwer konkretisieren. Unabhängig davon, müssen wir noch in diesem Jahrzehnt mit der nächsten großen Finanzkrise rechnen. Und dann kommt es darauf an, wie die Notenbanken und Regierungen reagieren. Ich denke, dass sie das Finanzsystem noch einmal mit Geld fluten und am Ende die Kontrolle über die Inflation verlieren werden. Am Ende müssen die Schulden dann doch zusammengestrichen werden, aber mit den Mitteln moderner Geldpolitik kann man das Drama ziemlich lang verschleppen. Oft passiert auch etwas, was völlig unvorhersehbar ist. Ich denke aber schon, dass es am Ende auf eine Währungsreform hinauslaufen wird – aber in einer Variante, die wir noch nicht kennen. Es muss ja nicht so ablaufen wie 1923 oder 1948.

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ein Interview mit Ronald Stöferle

 
... was der Spekulation natürlich Tür und Tor öffnet

Ja, aber in der Regel enden solche Entwicklungen nun einmal so. Das Problem besteht vor allem darin, dass sich die westliche Welt vor rund 100 Jahren vom Gold-Standard verabschiedet hat. Und seither haben wir mit Unterbrechungen ein ungedecktes Geld. Dieses Geldsystem müsste komplett reformiert werden, aber da wagt sich halt niemand ran.


Noch scheinen deutsche Anleger dem Euro zwar kritisch gegenüberzustehen, angesichts der enormen Summen, die auf Tages- und Festgeldkonten gebunkert sowie in Staatsanleihen investiert werden, scheint grundsätzliches Vertrauen allerdings noch vorhanden zu sein. Welche Auslöser könnten die Stimmung ins Negative kippen lassen?


Einmal muss man sehen, dass die scheinbar gute Stimmung im Wesentlichen darauf zurückzuführen war, dass die großen Spekulanten und Kapitalsammelstellen in New York und London europäische Staatsanleihen und Aktien gekauft und damit deren Kurse nach oben getrieben haben. Ich rechne damit, dass diese Spieler noch in diesem Jahr anfangen, Kasse zu machen. Und dann beginnt das Ganze zu kippen. Denkbar ist auch, dass das eine oder andere Land – von sich aus – aus der Eurozone ausscheidet. Das ist immer noch möglich.


Die Bundesbank ist zuletzt ihrem Ruf als relativer Hardliner im EZB-Rat nicht so ganz gerecht geworden und signalisierte, eine weitere geldpolitische Lockerung von EZB-Chef Mario Draghi mitzutragen. Wie ordnen Sie diese Entwicklung ein?


Ja, überraschend war das schon. Man muss aber auch sehen, dass die Bundesbank innerhalb der EZB völlig isoliert ist und dass auch die Rückendeckung der Regierung Merkel fehlt. Wirklich kapituliert hat die Deutsche Bundesbank noch nicht. Sie wird weiterhin deutsche Interessen vertreten, so gut sie kann.


Der Dollar und der Euro machen angesichts der hohen Staatsverschuldung derzeit nicht gerade den gesündesten Eindruck. Wessen Zustand halten Sie für bedrohlicher?


Ich denke, dass die Probleme des Euro größer sind, weil es sich um eine staatenlose Kunst-Währung handelt. Außerdem steht hinter dem Euro keine Großmacht mit militärischer Potenz. Bei den Amerikanern ist die Willensbildung erheblich einfacher. Ich wäre daher nicht überrascht, wenn der Euro noch in diesem Jahr unter Druck gerät. Aber, wie Sie wissen, sind Devisen nur relative Größen. Der Euro ist schlechtes Geld, der Dollar auch, das gesamte System ist krank.


Zu welcher Anlagestrategie raten Sie Privatinvestoren in Zeiten der finanziellen Repression, die sich in den nächsten Jahren möglicherweise verschlimmern könnte?


Das ist eine sehr schwere und fast schon unlösbare Aufgabe. Aber man muss dennoch mit der Situation irgendwie zurechtkommen. Grundsätzlich sollte der Anleger die Risiken streuen. Er sollte auch Fonds halten, jedoch nur solche, deren Manager nach 2000 oder nach 2008 massive Verluste vermieden haben. Außerdem bietet sich an, bestehende Aktien-Positionen über Puts abzusichern. Zudem sollte der Investor bei Immobilien vorsichtig sein und eine Überschuldung vermeiden. Und dann sollte er Gold halten, weil er etwas außerhalb des Bankensystems braucht. Insgesamt schützt das gelbe Edelmetall am besten vor dem Systemrisiko, dem wir ausgesetzt sind.


Gold hat sich seit über tausend Jahren als Kaufkrafterhalter bewährt. Welchen Anteil sollte Ihrer Meinung nach das Edelmetall am liquiden Geldvermögen haben?


Ich denke, eine Quote von 20 Prozent sollte es schon sein – meinetwegen auch mehr. Es ist ein bisschen auch Geschmackssache. Im Grunde sollte jeder so viel Gold haben, dass er damit gut schlafen kann.


Können Sie als ausgewiesener Euro-Skeptiker der verunsicherten deutschen Bevölkerung zumindest etwas Hoffnung machen? Gibt es absolut kein Licht am Ende des Tunnels?


Bei dem Licht am Ende des Tunnels kann es sich genauso gut um einen entgegenkommenden Zug handeln. Ich sehe nicht, wie aus dem Euro eine solide Währung werden soll, mit der man sparen und fürs Alter vorsorgen kann, und darum geht es doch. Die Deutsche Mark zu opfern und die Bundesbank zu entmachten, war der schlimmste Fehler der deutschen Politik seit 1948.


Zur Person:
Dr. phil. Bruno Bandulet (Jahrgang 1942) war Mitglied der Chefredaktion zweier großer deutscher Blätter ("Die Welt" und "Quick"). Er war Autor der legendären Kulturzeitschrift "Transatlantik", bereiste die Welt als internationaler Sonderkorrespondent und lebte in den Achtzigerjahren im südenglischen Surrey, bevor er mit seiner Familie nach Deutschland zurückkehrte.
Sein Börsenbrief "Gold & Money Intelligence" (kurz: G&M) erschien von 1979 bis 2013. Seine wirtschaftlichen und politischen Kommentare, die er von 1995 bis 2009 im "DeutschlandBrief" publizierte, erscheinen heute als Kolumne im Monatsmagazin „ eigentümlich frei“.
Jüngste Buchveröffentlichungen: „Vom Goldstandard zum Euro – Eine deutsche Geldgeschichte am Vorabend der dritten Währungsreform“ (2012) und: „Als Deutschland Großmacht war – Ein Bericht über das Kaiserreich, seine Feinde und die Entfesselung des Ersten Weltkrieges“ (2014).
 

 

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