Baisse oder Hausse?
Wohin treibt Draghis „Droge“ den Goldpreis?
Die EZB schießt gigantische 1,1 Billionen Euro in Form von Anleihekäufen nach, um die Deflation und das schwächelnde Wirtschaftswachstum in Europa zu bekämpfen. Goldexperte und Fondsmanager Uwe Bergold sieht damit die dritte und finale Phase der geldpolitischen Bekämpfung der Schuldenkrise eingeläutet, das Kollabieren des globalen Anleihe- oder Schuldenmarktes. Für den Goldpreis erwartet der renommierte Finanzexperte in 2015 den Start einer neuen zyklischen Hausse.
Zum Interview …
Herr Bergold, Notenbank-Chef Mario Draghi pusht Europa mit einem neuen Anti-Krisen-Paket in Höhe von mehr als einer Billion Euro. Fluch oder Segen?
Dies ist für den Sparer, der enteignet wird, ein Fluch, und für den Schuldner, der sich real entschuldet, ein Segen.
Die EZB hofft, damit der Deflation entgegenzuwirken und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Das erinnert an das verzweifelte Doping eines fußkranken Marathonläufers …
Der Marathonläufer humpelt bereits seit dem Millenniumswechsel. Ab da an begann das globale Krisentheater, die geldpolitische Bekämpfung der Schuldenkontraktion, welche historisch betrachtet immer aus drei Akten besteht: Der erste Akt war der Aktien-Crash in 2000, der zweite die geplatzte Immobilienblase 2007 und nun stehen wir am Beginn des dritten Aktes, dem Kollabieren des globalen Anleihe- oder Schuldenmarktes. Um im Jargon des Läufers zu blieben: Die Dosis des Dopings muss immer stärker erhöht und der Abstand der Verabreichung immer weiter verkürzt werden. Alles, was wir in den vergangenen 15 Jahren erlebt haben, kann man unter dem Begriff „Insolvenzverschleppung“ buchen.
Während der Läufer hinkend seine Bahnen zieht, hängt sein Team im Liegestuhl ab. Werden die Fleißigen und Sparsamen in Europa jetzt endgültig abgehängt?
Wer arbeitet und spart, wird bestraft. Wer sich verschuldet und von den frisch gedruckten Milliarden Subventions- und Transferleistungen bezieht, wird belohnt.
Woher kommt eigentlich das Geld und wer haftet dafür, wenn´s schiefgeht?
Das Geld kommt aus dem „Nichts“. Es wird einfach digital oder frisch von der Notenpresse gedruckt zur Verfügung gestellt. Es werden pro Monat 60 Milliarden Euro, ohne jegliche Erzeugung eines einzigen Gutes, in den Wirtschaftskreislauf gepumpt. Der Erstempfänger des frischen Geldes kann noch zu bestehenden Preisen Güter kaufen. Die nachfolgenden Benutzer des neuen Geldes müssen höhere Preise in Kauf nehmen. Je später man sich in der Kette des Geldkreislaufes befindet, desto weniger bekommt man für sein Geld. Den Letzten der Geldbenutzer beißen die Hunde.
Angeblich ist die Inflation zu gering und muss angehoben werden. Gleichzeitig erleben wir seit Jahren, dass die alltäglichen Dinge immer teurer werden. Wie geht das zusammen?
Da kommen zwei Dinge zusammen. Zum einen wird nur das Wachstum der Preise in einem – von Beamten des Statistischen Bundesamtes zusammengestellten – Konsumgüterwarenkorb als Inflation bezeichnet. Wobei dieser Preisindex durch immer neue statistische Tricksereien, wie zum Beispiel durch Anpassung von Saisonalität, Substitution oder Hedonik (die Bestimmung hedonischer Preise ist ein Verfahren, mit dem statistische Ämter versuchen, Qualitätsänderungen bei der Ermittlung der Inflation besser zu berücksichtigen), künstlich unten gehalten wird. Zum anderen wird die bereits galoppierende Preissteigerung in den zinstragenden Anlageklassen Anleihen, Aktien und Immobilien überhaupt nicht berücksichtigt. Diese sogenannte Asset-Price-Inflation wird über kurz oder lang in den Rohstoffmarkt überschwappen und dann die Erzeuger- und letztendlich die Konsumentenpreise richtig nach oben treiben. Ich erwarte den Beginn des Sichtbarwerdens der nunmehr bereits galoppierenden Inflation von den zinstragenden Anlageklassen in das Rohstoffsegment noch in diesem Jahr. Inflation bedeutet ökonomisch seit mehr als 300 Jahren Geldmengenwachstum pro Produktionseinheit, auch wenn dieser Begriff neuvolkswirtschaftlich in den vergangenen 30 Jahren den Anstieg eines Warenkorbpreisindex definiert.
Niedrigstzinsen und Strafzinsen haben wir schon. Welche „Droge“ haben die Notenbanken im Worst Case eigentlich noch?
Die Geldpolitik enteignet über Inflation versteckt. Zusätzlich wird die Fiskalpolitik sukzessive weitere Steuerbelastungen für den – noch Eigentum besitzenden – Bürger beschließen. Dies wird als Nächstes mit einer Erhöhung und Neuerungen in der Immobilienbesteuerung einhergehen. Und natürlich nur im Rahmen der sozialen Gerechtigkeit und des zu schützenden Klimas. Die Wirtschafts- und Währungsgeschichte ist voll mit weiteren Repressalien.
Was bedeuten die angekündigten Anleihekäufe für die Euro-Stabilität bzw. für die
Goldpreisentwicklung?
Der Goldpreis wird schneller steigen als vor der Ankündigung. Alle Papierwährungen verlieren gegenüber Gold. Nur die Entwertungsgeschwindigkeit ist unterschiedlich.
Wie kann Gold gegen Kaufkraftverlust schützen?
Wie es dies seit 3000 Jahren tut. Alle bisherigen Kriege und Inflationen konnten langfristig immer nur mit Gold unbeschadet überstanden werden. Ich kenne keine Anleihe- oder Aktiengesellschaft, die in Krisen und Kriegen nicht unter die Räder kam. Auch von den Immobilien sind meist nur Ruinen übrig geblieben.
Ein Beispiel?
Nehmen wir doch nur den – von unseren Politikern gepriesenen – so starken Euro.
Bei der Einführung unserer neuen Währung als Buchgeld am 01. Januar 1999 konnte man mit 100 Euro 12,7 Gramm Gold kaufen. Aktuell reichen diese 100 Euro gerade einmal aus, um 2,8 Gramm Gold zu erwerben. Und dies ist noch lange nicht das Ende der Entwertungsfahnenstange. Keine der drei zinstragenden Anlageklassen, ob Aktien, Anleihen oder Immobilien, kommt auch nur annähernd an die Performance des Goldpreises mit über 350 Prozent plus seit Einführung der Gemeinschaftswährung ran.
Das vergangene Jahr hat uns gelehrt, dass Goldanleger einen langen Atem bis zum Zieleinlauf brauchen. Kondition statt Sprint. Welche Hürden wird das neue Jahr bringen?
In Euro betrachtet haben der Goldpreis und die dazugehörigen Goldaktien bereits ihre taktischen Tiefs in 2014 generiert. Seit 2015 läuft die neu begonnene zyklische Hausse. Der übergeordnet säkulare Goldbullenmarkt nahm nur eine Pause. Er hat noch lange nicht sein Allzeithoch erreicht. Die gesamte mittelfristige Korrektur der vergangenen Jahre konnte man nutzen, um nochmals – vermutlich zum letzten Mal vor der nächsten Währungsreform – historisch billig Edelmetallinvestments zu tätigen, so wie die Chinesen es getan haben. Wir investieren seit dem Milleniumswechsel strategisch in Gold, Silber und Goldaktien und werden es auch weiter bis zum Ende der Krise tun. Denn jede Blase in dieser seit dem Jahr 2000 strategisch verlaufenden Kontraktion hatte epochale Ausmaße. Dies wird am Schluss auch mit der Gold- und Rohstoffblase so sein.
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