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Backwardation: Niedriger Goldpreis sorgt für Lieferengpässe

Die Angst vor einem Militärschlag gegen Syrien hat die Aktienmärkte am Dienstag auf Talfahrt geschickt, während Gold seine Stärke weiter ausbaut und einen Teil der starken Verluste seit April wieder ausgleichen konnte. Die Nachfrage nach dem Edelmetall ist bei Privatanlegern weiter ungebrochen. "Acht von zehn unserer Kunden stehen auf der Käuferseite", sagt Robert Hartmann, Geschäftsführer von pro aurum. Die Kunden des Edelmetallhandelshauses greifen weiter zu, weil sie sich gegen Geldentwertung und die Notenbankpolitik des billigen Geldes schützen möchten.

Inzwischen ist der Markt dazu übergegangen, aufgrund der Lieferengpässe eine Lieferung per sofort mit Aufpreisen zu belegen. Marktbeobachter sprechen in einer solchen Situation von einer so genannten "Backwardation" - die Futures auf die Lieferung von Gold sind in einer solchen Situation in der Zukunft billiger als der aktuelle Goldpreis. Dies ist auf den ersten Blick unlogisch, denn die Preise zeitlich begrenzter Termingeschäfte liegen normalerweise höher als der Spotkurs - um die Lieferung eines Rohstoffes in der Zukunft sicherzustellen, muss Geld geliehen werden, wodurch Kosten anfallen. Aus diesem Grund sind Futures in der Regel teurer als der Spotkurs.

Eine Backwardation entsteht üblicherweise, wenn Lieferengpässe auf dem Goldmarkt bestehen. Die London Bullion Market Association definiert "backwardation" als eine Marktsituation, in der die Preise für zukünftige Lieferungen unter dem Spotpreis liegen, verursacht durch Angebotsengpässe oder -knappheit. Und weil sich Gold nicht beliebig vermehren lässt und auch kein Counterpart-Risiko beinhaltet, ist eine Backwardation auf dem Goldmarkt äußerst unüblich. Wenn sie auftritt, ist sie meist nach wenigen Tagen vorbei. Die derzeitige Backwardation beim Gold hat hingegen Anfang Juli begonnen - mit nunmehr acht Wochen hat sie eine Rekordlänge erreicht.

Über die tatsächlichen Gründe für die aktuelle Situation gibt es unterschiedliche Theorien. Der berühmte Goldexperte James Turk glaubt beispielsweise, dass starke Marktverzerrungen durch die Zentralbanken den Goldpreis in eine Backwardation getrieben haben. Er rechnet mit einem außergewöhnlichen Anstieg beim Gold aufgrund der anhaltenden Nachfrage und hat beobachtet, dass Gold sich für Lieferungen über 30 Tage, 60 und 90 Tage im voraus in einer Backwardation befindet. Turk erinnert an die Jahre 1999 und 2008, als Gold zuletzt in die Backwardation fiel. Damals markierte der Goldpreis wichtige Tiefstände und entscheidende Wendepunkte und schoss danach für mehrere Jahre in die Höhe. Ein anderer Experte, der US-Analyst Pater Tenebrarum, erklärt die "Backwardation" mit der immer größer werdenden Lücke zwischen Papiergold auf der einen und physischem Gold auf der anderen Seite. Wer in einer solchen Situation nicht auf Papiergold, sondern auf "echtes" Edelmetall setzt, hat die richtige Entscheidung getroffen.