Anlageklassen im Vergleich
Auf der Internetseite des Bundes der Steuerzahler Deutschland e.V. können die Besucher die aktuelle Staatsverschuldung Deutschlands live verfolgen. Mittlerweile hat der Schuldenberg die Marke von zwei Billionen Euro überschritten, die Schulden pro Bundesbürger liegen bei mehr als 25.000 Euro. Grund genug, sich regelmäßig Gedanken über die eigenen Geldanlagen zu machen.
Für 2015 kündigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zwar einen ausgeglichenen Bundeshaushalt an, ob die Große Koalition tatsächlich ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen wird, ist jedoch alles andere als sicher. Völlig ausgeblendet wird zudem die prekäre Schuldensituation vieler Bundesländer, Städte und Kommunen. Als Anleger sollte man daher immer wieder hinterfragen, ob man mit der eigenen Vermögensstruktur angesichts der nach wie vor ungelösten Überschuldungskrise richtig aufgestellt ist. Dabei sollte jede Anlageklasse auf zwei potenzielle Gefahrenherde „abgeklopft“ werden: die Inflation und die Überschuldung.
Lebensversicherungen:
Klassische Lebensversicherungen leiden unter dem aktuellen Niedrigzinsniveau besonders stark. Weil die Versicherer neuen Kunden in der Zeit von 1986 bis 2000 eine Mindestverzinsung von 3,5 bis 4,0 Prozent versprachen, haben sie nach den massiven Zinssenkungen der EZB nun große Probleme, diese Mindestrenditen zu erzielen. Derzeit liegt der Garantiezins für Neuverträge bei 1,75 Prozent. Aktuelle Pläne der Bundesregierung sehen eine weitere Reduktion auf 1,25 Prozent vor. Der Löwenanteil der Versicherungsbeiträge wird erfahrungsgemäß aufgrund der geforderten Planungssicherheit in festverzinsliche Wertpapiere investiert. Anleihen mit überdurchschnittlichen Kupons laufen aber konstruktionsbedingt bei Fälligkeit aus und würden bei einer Wiederanlage schlechtere Renditen erzielen. Richtig unerfreulich dürfte es für die Versicherten werden, wenn zur Bewältigung der nach wie vor ungelösten Schuldenkrise weitere Schuldenschnitte (haircuts) anstehen oder Schuldner sogar komplett ausfallen sollten.
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Aktien:
Aktien kann man durchaus als sinnvolles Sachwertinvestment einordnen, schließlich repräsentieren sie einen kleinen Teil des jeweiligen Unternehmens mit all seinen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten. Ihr Kursschwankungsrisiko kann jedoch mitunter relativ hoch ausfallen. Derzeit erwirtschaften zwar viele Unternehmen ordentliche Gewinne, bieten häufig attraktive Dividendenrenditen und überzeugen zudem durch die Qualität ihrer Substanz, es gibt aber auch Ausnahmen. Um das Risiko von Aktieninvestments zu reduzieren, macht daher eine starke Diversifizierung auf unterschiedliche Branchen und Länder Sinn.
Fakt ist allerdings, dass an der Börse weniger die erfolgreiche Vergangenheit oder Gegenwart, sondern vor allem die Zukunft gehandelt wird – und diese stellt die große unbekannte Variable dar. Sollte es zum Beispiel an der Zins- oder der Konjunkturfront zu Verwerfungen kommen, würde dies die Geschäfte der Firmen erheblich beeinträchtigen und sinkende Unternehmensgewinne bzw. Dividendenrenditen nach sich ziehen. Außerdem war die Rallye der vergangenen Jahre in hohem Maße liquiditätsgetrieben. Mit Blick auf die US-Notenbank Fed dürfte diese Flut künftig eher nachlassen.
Tagesgeld, Festgeld, Anleihen:
Nach Berücksichtigung von Steuern und der Inflation kann man mit Tagesgeld und Festgeld derzeit keinen Vermögensaufbau betreiben. Mehr als ein Prozent für Tagesgeld gibt es in der Regel ausschließlich für Neukunden, und dann auch nur für einen begrenzten Zeitraum. Bei „normalem“ Tagesgeld dominiert vor dem Komma meist die Null. Nicht viel besser sieht es bei Festgeld aus. Anfang April boten „großzügige“ Banken erst ab einer Laufzeit von vier Jahren Zinsen von mehr als zwei Prozent. Da die EZB eine Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent anstrebt, kann man die aktuellen Konditionen somit alles andere als verlockend bezeichnen. Bei Anleihen sieht es für Sparer ähnlich trostlos aus. Überdurchschnittliche Zinsen bieten lediglich Schuldner mit schlechter Bonität. Weil die Bundesrepublik Deutschland von den drei wichtigsten Ratingagenturen die Bestnote erhalten hat, muss sie besonders wenig Zinsen für Kapital bezahlen. Bei zehn Jahren Laufzeit liegt die Rendite bei „kümmerlichen“ 1,4 Prozent. Da die Kurse von Staatsanleihen bei steigenden Zinsen den Rückwärtsgang einlegen und eine Inflation von mehr als 1,4 Prozent in den kommenden zehn Jahren auch kein Ding der Unmöglichkeit sein sollte, muss man kein Finanzgenie sein, um die geringe Attraktivität dieser Anlageform zu erkennen.
Immobilien:
Argumente für ein Immobilieninvestment gibt es zuhauf. Die niedrigen Kapitalmarktzinsen führen in manchen Regionen dazu, dass der Kauf einer Immobilie zu einer geringeren monatlichen Belastung führt als die Miete eines vergleichbaren Objekts. Am Ende der Zinsbindungsfrist könnte sich dieser Umstand im Falle gestiegener Zinsen allerdings wieder ins Gegenteil verkehren. Als sinnvolle Altersvorsorge werden die eigenen vier Wände ebenfalls gerne genannt, schließlich spart man sich im Alter die Miete, falls das Eigenheim bis dahin abbezahlt sein sollte. Nebenkosten und anfallende Reparaturen sollten dabei aber nicht außer Acht gelassen werden.
Grundsätzlich gelten Immobilienmärkte allerdings als ausgesprochen heterogen. Es gibt innerhalb von Regionen und häufig auch innerhalb einer Stadt oder eines Stadtteils unterschiedliche Entwicklungen der Preise bzw. der Wohnqualität zu berücksichtigen. In Orten, die unter einer Abwanderungswelle leiden, wird ein als Vermögensschutz gedachtes Immobilieninvestment die Erwartung höchstwahrscheinlich nicht erfüllen können. Als substanzieller Sachwert par excellence genießt die Immobilie im Zuge der Staatsschuldenkrise dennoch ein hohes Ansehen, Abstriche muss diese Anlageklasse aber bei der Handelbarkeit hinnehmen. In der heutigen Arbeitswelt, wo von Beschäftigten meist ein hohes Maß an Mobilität erwartet wird, kann eine Immobilie trotz all ihrer Vorteile auch einen gewichtigen Nachteil mit sich bringen.
Edelmetalle:
Seit Jahrhunderten nutzen Anleger vor allem physisches Gold und Silber als Vermögensschutz, wobei deren Preise einem Kursrisiko unterliegen. Einen Totalverlust, wie dies bei Anleihen oder Aktien immer wieder vorkommt, gab es bei Gold und Silber trotz ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte allerdings noch nie. Im Gegenteil: Während die Kaufkraft von Währungen Jahr für Jahr aufgrund der Inflation sinkt, wird dem Goldpreis vor allem auf lange Sicht ein hohes Maß an Kaufkrafterhalt attestiert. Von unabhängigen Vermögensverwaltern werden beide Edelmetalle deshalb gerne als langfristig gedachte Versicherung für schlechte Zeiten mit einem Anteil zwischen 10 und 20 Prozent am Gesamtvermögen berücksichtigt. Gold und Silber kann in weiten Teilen der Welt relativ problemlos in die jeweilige Landeswährung getauscht werden. Während sich Papiergeld über Druckmaschinen beliebig vermehren lässt, muss Gold und Silber aufwendig gesucht, zutage gefördert und letztendlich zu Barren oder Münzen verarbeitet werden. Dank Internet lassen sich Gold und Silber problemlos kaufen oder verkaufen. Und auch das professionelle Verwahren in Edelmetalldepots oder das Abschließen von Goldsparplänen stellt eine interessante Alternative zu der heute weit verbreiteten Schuldenmentalität und der verständlicherweise sinkenden Sparbereitschaft der Deutschen dar.
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